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Immer ein offenes Ohr für die Bürger

Antonius Rüsenberg verlässt die politische Bühne: 25 Jahre den Kreis Höxter im Landtag vertreten

Von Michael Robrecht
Kreis Höxter (WB). Nach 25 Jahren als CDU-Landtagsabgeordneter des Kreises Höxter im Düsseldorfer Parlament verlässt Antonius Rüsenberg die politische Bühne. Die »CSU-Ergebnisse« bei Landtagswahlen mit bis zu 60 Prozent Zustimmung belegten immer wieder die hohe Wertschätzung des Steinheimers im Wahlkreis.

Wenn Rüsenberg am 2. Juni offiziell den Abgeordnetenstatus aufgibt, dann tut er das aus freien Stücken. »Man muss einschätzen, wann man sich aus der Politik verabschieden sollte«, sagt der 62-Jährige. Wehmut und Dankbarkeit verspüre er beim Abtritt von der Landesbühne: »Ich empfinde Wehmut, wenn ich die neuen Gestaltungsmöglichkeiten, die ein Regierungswechsel auftut, sehe. Dankbar bin ich, dass ich 25 Jahre Politik vorn mit gestalten durfte«, schildert der Parlamentarier.
Den Ruhestand versüßt Antonius Rüsenberg seine dreijährige Enkelin Daria. Wenn er mit der Kleinen im Garten sitzt und ihr aus dem Märchenbuch vorliest, dann geht Rüsenberg das Herz auf: »Dafür wird jetzt mehr Zeit sein.« Auch seiner Frau Mechthild möchte er etwas von dem zurückgeben, was sie über Jahrzehnte vermisst hat: Zeit! Dass ihr Mann Zeit hat, das bewertet Mechthild Rüsenberg »als völlig neues Lebensgefühl«.
In den Jahren des CDU-Kreisvorsitzes (1973-1999) und der Abgeordnetentätigkeit (seit 1980) hat der Terminkalender das Leben Rüsenbergs bestimmt: 875 Sitzungswochen, 3500 Einzelfahrten Steinheim-Düsseldorf, 700 000 Kilometer Bahnfahrten, 715 Plenarsitzungen, 900 Fraktionssitzungen, 95 Landtagsreden und 8000 Wahlkreisbesucher in Düsseldorf: Rüsenberg stand immer unter Dampf.
»Rede keinem nach dem Munde«, hatte ihm einst sein Lehrer mit auf den Weg gegeben. Für den »Politiker aus Leidenschaft« war das keine hohle Phrase, sondern Credo: Der Blick auf christlich-soziale Wertvorstellungen als Grundlage des Handelns habe die Bewertung vieler schwieriger Fragen einfacher gemacht, unterstreicht der Anhänger Adolph Kolpings. »Wenn es im zwischenmenschlichen Bereich stimmt, dann ist jede noch so schwere Aufgabe zu lösen«, beschreibt Rüsenberg eine wichtige Erfahrung aus Jahrzehnten Politik. »Politik muss gemeinschaftsstiftend sein und den Menschen dienen«, gibt er seinem Nachfolger mit auf den Weg. Und ohne eine breite Verankerung in der Heimat, »kann man in Düsseldorf keine gescheite Politik betreiben«, stellt der frühere Sozialarbeiter Rüsenberg, der auch Steinheimer Karnevalsprinz und Schützenkönig war, fest.
Wenn der »MdL« an seine Düsseldorfer Jahre zurückdenkt, dann kommen ihm Namen wie Albert Pürsten, Heinrich Köppler, Kurt Biedenkopf, Christa Thoben, Norbert Blüm, Bernhard Worms, Helmut Linssen und Jürgen Rüttgers in den Sinn, mit denen er - zuletzt als einflussreicher Vizefraktionschef der CDU im Landtag - zusammengearbeitet hat. Gern denkt er an das alte Landtagsgebäude zurück, »wo eine menschlich verbindendere Atmosphäre geherrscht hat als zuletzt in dem großen Neubau am Rhein«.
Als Kirchenbeauftragter der CDU-Fraktion und als gefragter Familienpolitiker hat er viel mit Bischöfen oder Vertretern von Organisationen gesprochen. Neben Parteifunktionsträgern haben auch viele Bürger direkten Kontakt zum Fachmann Rüsenberg gesucht. Dass er immer - auch Zuhause - ein offenes Ohr hatte, ist im Kreis bekannt. »Die Leute haben gespürt, der kann auch zuhören«, erinnert sich der Abgeordnete, der regelmäßig zu Frage-stellungen klar Position bezog - eines seiner Markenzeichen.
Gern erinnert sich Rüsenberg, der in 26 Jahren als Kreisvorsitzender die CDU als dauerhaft stärkste politische Kraft im Kreis positionierte, daran, den Kernsatz »Die Familienarbeit ist Erwerbsarbeit gleichwertig« in die Landes-Verfassung bekommen zu haben. »Das hat nicht die Welt, aber das Bewusstsein verändert«, sagt Rüsenberg. Auch die Landtagsverkleinerung habe er angestoßen.
Ein Einschnitt war das Jahr 1990, als Rüsenberg im April mitten im Landtagswahlkampf als 47-Jähriger Herzprobleme bekam und ihm Bypässe gelegt werden mussten. »Dieses Erlebnis hat in mir vieles verändert«, gibt er zu und freut sich, dass es ihm heute - nach überstandenen Erkrankungen in jüngster Zeit - wieder gesundheitlich besser geht.
»Ich hoffe, der Herrgott gibt mir noch viele Jahre mit Frau, Kindern und Enkelin«, drückt er einen Herzenswunsch aus. Antonius Rüsenberg will sich verstärkt auch sozial in Caritas, Krankenhaus und in Bildungseinrichtungen engagieren.

Artikel vom 14.05.2005