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Das Wort zum Sonntag

Von Pfarrer Christoph Beyer


Weihnachten feiern wir die Geburt von Jesus, Ostern feiern wir seine Auferstehung, aber was feiern wir an Pfingsten? Pfingsten ist für viele zu einem langen Wochenende geworden, mit dem wir bis zu den Sommerferien besser durchhalten können. Pfingsten - ein Sommerfest, ein Ausflugsfest - oder doch ein christliches Fest?
Pfingsten feiert die alte Dame Kirche ihren Geburtstag. Genau, diese alte Dame, die manche von uns schon ins Altenheim schieben wollen, von der manche meinen, sie sollte nach 2000 Jahren nun auch mal etwas kürzer treten. Zu Pfingsten feiern wir ihren Geburtstag. Und wie so oft bei einem schönen Geburtstag wird die Geschichte von der Geburt erzählt. Weißt du - alte Dame - wie das war, als Du geboren worden bist?
Diese Geschichte wird uns in der Bibel erzählt: Diese Geburt hatte sich lange vorher angekündigt, und an Pfingsten war es dann endlich so weit: Gottes Geist kommt über die Jünger, er verändert sie völlig und bewirkt ein großes Sprachenwunder. Petrus beginnt zu reden ... und alle Menschen in seiner Nähe können seine Botschaft von Jesus Christus verstehen, egal, woher sie stammen und egal, was er sagt. Und das alles läuft sehr dramatisch ab: Ein Brausen vom Himmel ertönt, Feuerzungen setzen sich auf die Jünger, Festpilger aus aller Welt hören sie in ihrer Muttersprache predigen, die ganze Menge ist ergriffen und alle fragen: »Was sollen wir tun?«, und 3000 lassen sich an diesem Tag taufen. Ein schöner erster Geburtstag!
Ob die Geburt wirklich so dramatisch war? Vermutlich ist es am Pfingsttag, dem jüdischen Erntefest, an dem sich viele Juden in Jerusalem aufhielten, zu einem ersten öffentlichen Auftreten der neuen Christengruppe gekommen. Und gleich mit Erfolg - vielleicht waren es nicht gerade 3000, die sich begeistern ließen, aber einige dürften es an diesem Pfingsttag doch gewesen sein. Die Jünger erlebten: Der Funken unserer Begeisterung springt über. Die Leute hören uns zu. Sie merken, was wir sagen und was wir tun ist echt. Nicht vorgespielt. Sie erleben eine schöne Geburt, an die sie sich noch lange erinnern werden. Gottes Geist verbindet Menschen zu einer Gemeinschaft.
Und so ist Pfingsten der Geburtstag der Kirche. Natürlich ist sie seitdem erwachsen geworden, vielleicht auch schon in die Jahre gekommen ... aber ein Besuch bei der alten Dame lohnt noch immer. Trotz ihres Alters wird sie vom Geist ganz gut in Bewegung gehalten. Es gibt immer wieder Momente, in denen man ihr ihr Alter einfach nicht ansieht. Es finden sich immer wieder Menschen, die sich von Gott begeistern lassen. Sie werden von Gottes Geist gestärkt und beflügelt.
Zu ihrer Geburt hatte der göttliche Geist mit seinem Wehen beigetragen. Und dieser Geist Gottes weht, wo er will; er lässt sich nicht berechnen und nicht einfangen, weder in der Kirche noch in einem Amt. Er weht über christliche Zäune hinweg, bringt Austausch mit anderen Religionen, weht in die Offenheit und Weite der Welt hinaus. Und er sorgt dafür, dass auch heute noch Glauben entsteht, überall in der Welt, dass Menschen aus den verschiedensten Kulturen und mit ganz unterschiedlichen politischen Auffassungen im Glauben an Jesus Christus einig werden. All das geschieht oft unauffällig, aber der heilige Geist kommt eben nicht immer mit so einem lauten Getöse wie damals am Pfingsttag in Jerusalem.
Ich wünsche der Jubilarin einen schönen Geburtstag im Kreise ihrer Lieben, Gesundheit und Gottes Geist!

Ihr Christoph Beyer

Artikel vom 14.05.2005