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Acht Fragen an . . .

Hans-Peter Villis, Vorstand E.ON Westfalen Weser

Nie zuvor haben Verbraucher sich derart massiv gegen die Preispolitik der Energieversorger zur Wehr gesetzt. Auch im Kreis Paderborn findet die Bürgerinitiative »Gaspreise runter« starken Zulauf. Hubertus Hartmann sprach über mit vom Vorstandsvorsitzenden des heimischen Gaslieferanten über das heikle Thema der Gaspreisverweiger und die Geschäftspolitik des Unternehmens.

Der Ärger um die Gaspreis-Erhöhung vom 1. Oktober 2004 ist noch nicht verklungen, da denken Sie bereits laut über die nächste Preisanhebung nach. Wie wollen Sie dem vorprogrammierten Proteststurm begegnen?
Villis: Nicht wir allein müssen über eine Preisanhebung für Erdgas nachdenken. Die aktuelle Entwicklung der Preise im Energiemarkt führt in der ganzen Branche zu Preisanpassungen nach oben. Dies gilt insbesondere für die Gaspreise, die aufgrund der Ölpreisbindung steigen werden. Den vermeintlich vorprogrammierten Proteststurm wird es aus meiner Sicht nicht geben. Die Verbraucher haben in den letzten Monaten durchaus wahrgenommen, dass sie aufgrund der Marktentwicklung mit sehr hohen Ölpreisen auch mit höheren Gaspreisen rechnen müssen. Selbstverständlich würde E.ON Westfalen Weser lieber die Gaspreise für ihre Kunden senken. Der Energiemarkt entwickelt sich leider ganz anders.

Ist eine zweite Preisrunde innerhalb nur eines Jahres angesichts der überdurchschnittlich guten E.ON-Konzerngewinne wirklich erforderlich?
Villis: E.ON Westfalen Weser ist ein selbständiges und eigenständiges Unternehmen. Wir machen, wie jedes andere Unternehmen, unser eigenständiges regionales Geschäft. Die 38 kommunalen Anteilseigner der Region und der Mehrheitsaktionär E.ON Energie erwarten, dass entsprechende Ergebnisse erwirtschaftet werden. Das gesetzte Ziel bezüglich des Jahresergebnisses 2004 haben wir nicht erreicht.

Auf wie viel Prozent Aufschlag müssen die Kunden sich dieses Mal einstellen?
Villis: Das können wir zurzeit noch nicht wissen. Es kommt darauf an, wie sich der Ölpreis und damit unsere Bezugskosten für Erdgas weiterentwickeln.

Andere Versorger haben die Preiserhöhung zurückgenommen, einige wollen die Preise sogar senken. Kann die Konkurrenz besser wirtschaften als E.ON Westfalen Weser?
Villis: In Deutschland gibt es rund 700 Erdgasversorger. Da ist es vorgekommen, dass vorgesehene Preiserhöhungen korrigiert wurden. Wir sprechen also von wenigen Einzelfällen. Fakt ist, dass in Deutschland die Erdgashaushaltspreise von Januar 2004 bis März 2005 um rund 15 % gestiegen sind. E.ON Westfalen Weser gehört nachweislich zu den günstigen Erdgasversorgern in Nordrhein-Westfalen.
Der aktuelle Gaspreisspiegel einer renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sieht E.ON Westfalen Weser auf Platz 28 von 130 Wettbewerbern. Unser Unternehmen wirtschaftet also im Sinne unserer Kunden sehr gut. Eine Tatsache, die leider in der Öffentlichkeit zu wenig wahrgenommen wird.

Die Initiative Gaspreise runter fühlt sich durch das Heilbronner Urteil bestätigt und fordert die Offenlegung Ihrer Kalkulation. Weshalb sträuben Sie sich dagegen, was hat E.ON zu verbergen?
Villis: Wir müssen die Realitäten im Auge behalten: In Heilbronn hat ein Amtsrichter einem Kunden recht gegeben, der die Billigkeit der Preise des dortigen Versorgers - dessen Gaspreise übrigens weit über unseren Gaspreisen liegen - angezweifelt hat. Dieses Verfahren wird meines Wissens in die Berufung gehen. Und dann wird man schauen. Wir haben nicht wegen der Initiative, sondern wegen allen unseren 60.000 Kunden von uns aus ein Gutachten in Auftrag gegeben, das mit Stichtag 30.Juni überprüft, ob eine eventuelle Mehrbelastung für unsere Gaskunden besteht. Sollte sich herausstellen, dass wir Mehreinnahmen hatten, die nicht auf heizölbedingten Bezugspreiserhöhungen basieren, werden wir den entsprechenden Betrag an alle unsere Kunden zurückzahlen. Damit zeigt E.ON Westfalen Weser ein überaus hohes Maß an Transparenz.

Sie können davon ausgehen, dass trotz Ihrer jüngsten Mahnungen tausende von Verweigerern die höheren Preise nicht akzeptieren werden. Wollen Sie tatsächlich tausende von Klagen erheben?
Villis: Grundsätzlich wollen wir nicht gegen unsere Kunden klagen. Wir werden dazu gezwungen. Über einen Zeitraum von jetzt rund sieben Monaten gibt es eine Gruppe von ca. 1300 Kunden, die nicht korrekt bezahlen. Wir haben diese Kunden mehrfach freundlich gebeten, die Ausstände zu begleichen, in den letzten Tagen nochmals mit einem Erinnerungsschreiben. Was würden Sie machen? Dieses Verhalten akzeptieren? Nein, wir müssen insbesondere im Sinne der Gleichbehandlung unserer mehr als 95 Prozent korrekt zahlenden Kunden rechtliche Schritte einleiten. Wie diese aussehen, werden wir zeitnah bekannt geben.

Wann wird das der Fall sein, wie lange reicht Ihre Geduld, oder haben Sie doch noch Hemmungen, den Konfrontationskurs auf die Spitze zu treiben?
Villis: Wir führen keinen Konfrontationskurs. Wir haben offen mit der Initiative diskutiert. Wir haben unsere Argumente nicht marktschreierisch, sondern sachlich dargelegt. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wie in jedem anderen Verfahren wegen Zahlungsrückständen rechtliche Schritte einzuleiten.

Müssen sich die Verbraucher auf kontinuierlich weiter steigende Gaspreise in den nächsten Monaten und Jahren einstellen?
Villis: Alle aktuellen Prognosen und Studien von Fachleuten und Experten bestätigen, dass wir insgesamt mit hohen Energiepreisen für lange Zeit rechnen müssen. Gründe hierfür sind zum einen die enorme Energienachfrage zum Beispiel aus China und Indien sowie zum anderen die zum Teil instabilen politischen Verhältnisse in den ölfördernden Ländern.

Oder wird E.ON durch den Einstieg ins russische Erdgasgeschäft schon bald die Preisschraube wieder lockern?
Villis: E.ON Westfalen Weser bezieht ihr Erdgas von fünf Vorlieferanten. Von E.ON Ruhrgas beziehen wir lediglich rund 15 Prozent. Wir werden allerdings nach wie vor alles daran setzen, die bestmöglichen Bedingungen im Sinne unserer Kunden bei unseren verschiedenen Vorlieferanten zu erreichen.

Artikel vom 14.05.2005