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Witze über Lehrer waren schon mal toller

»Die Daktiker«: Amateur-Kabarett amüsierte dennoch

Von Thorsten Böhner
(Text und Foto)
Delbrück (WV). Am fiktiven Gymnasium »Adolphinum« herrscht Aufruhr: Schulleiter Dr. Bass kündigt seinen Rückzug an. Vordergründig regiert das kollektive Bedauern, hinterrücks wetzen die Kollegen schon mal vorsorglich die Messer, denn jeder erhebt Anspruch auf den gut honorierten Platz des scheidenden Kollegen.

Das Lippstädter Quartett »Die Daktiker«, selbsternanntes ältestes Lehrerkabarett Deutschlands, gewährte am Mittwochabend in der Delbrücker Stadthalle Einblicke in den Schulalltag. In jeweils als Running-Gag fungierenden Unterrichtssequenzen mussten sich die potentiellen Nachfolger von Dr. Bass behaupten. Die lustigste Passage dieser Bewährungsprobe war der Stuhlkreis von Kunstlehrerin Lengowski. Hier präsentierten sich die Akteure in Top-Form, auch wenn mit der ach so sozialen, sich auf dem Selbstfindungstripp befindlichen Pädagogin ein Klischee etwas überstrapaziert wurde.
Das Gleiche galt trotz gelungener Pointen für den fingierten Elternsprechtag. Polnische Frauen mit Namen Kowalska und dem unvermeidlichen rollenden »R« oder die türkische Mutter, die mit Kopftuch auftritt und keines deutschen Wortes mächtig ist, zeugen nicht unbedingt von Originalität. Auch die Gesangseinlagen waren zumeist weder von den Texten noch von der Interpretation herausragend.
Dennoch wurde es für viele ein vergnüglicher Abend, und das lag vor allem an Hans-Peter Königs, der seinen drei Mitstreitern in puncto Komik rasch enteilte. Zugegeben: Er hatte die dankbarsten Gags und Rollen, doch er verstand es, seinen Vorteil zu nutzen. Wie er als Schülervater die hilflose Lehrerin in Grund und Boden redete oder als dem schnöden Mammon verfallener Geistlicher den reuigen Paukern strenge Buße auferlegte (in Form eines Zwangskaufs maroder „Holzmann“-Aktien“), setzte er die Glanzpunkte des Abends. Nicht zu vergessen seine Umfrage zur Massenstierhaltung und sein Auftritt gegen Ende, als er Dr. Bass schmalzig singend umgarnte. Auch bei der Lehrerkonferenz war nicht die Drescherei verdrehter Phrasen, sondern sein Spiel mit der Flasche das Highlight.
Ansonsten dominierte das gesprochene Wort, für nonverbale Zwischentöne fehlte der Raum. Textlich bewegten sich alle vier Ensemblemitglieder auf sicherem Terrain, doch wer es sich auf die Fahnen schreibt, die Lehrerschaft durch den Kakao zu ziehen, hat es schwer, in humoristischer Hinsicht neue Aspekte aufzuzeigen - zu oft schon wurde dieser Berufsstand karikiert. Zudem hätte es sowohl bei der Textvorlage als auch in darstellerischer Hinsicht über manche Strecken mehr Tiefe bedurft. Dennoch verstanden es »Die Daktiker« zweifelsfrei, den Funken auf das Publikum überspringen zu lassen, und damit war das Klassenziel in jedem Fall erreicht.

Artikel vom 13.05.2005