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Bauer soll drei
Jahre in Haft

Schwurgericht sieht Tötungsabsicht

Von Uwe Koch
Enger/Bielefeld (EA). Der Bünder Bauer Gustav M. soll drei Jahre Haft wegen eines versuchten Totschlags absitzen. Dieses Urteil hat das Bielefelder Schwurgericht gestern gefällt. Begründung: Der 69-Jährige habe mit »bedingtem Tötungsvorsatz« auf den Engeraner Landwirt Walter D. eingeschlagen.

Bis zuletzt hatte Gustav M. die Tat am 10. November 2004 geleugnet. An jenem Tag war er von seinem Hof zwangsgeräumt worden. Walter D. hatte das Anwesen Wochen zuvor im Wege der Zwangsversteigerung für 315 000 Euro gekauft.
Diesen Geschehnissen war ein jahrelanger finanzieller und sozialer Abstieg des Mannes aus Bünde-Ennigloh vorausgegangen. Mitte der 80er Jahre hatte der vermögende Landwirt Gustav M. die Prostituierte Rosa (heute 57) kennen und lieben gelernt. Zunehmend verfiel der Mann zudem der Spielsucht. Er besuchte Casinos und finanzierte obendrein den kostspieligen Lebenswandel seiner Lebensgefährtin, für die er allein 100 000 Mark »Ablöse« an ihren Hamburger Zuhälter zahlte.
Der Hof war einst gut bewirtschaftet gewesen. Neben einer Lohndrescherei bezog Gustav M. zudem Einkünfte aus einer Tongrube. Im vergangenen Jahr schließlich stand ihm das Wasser bis zum Hals, seine Schulden allein bei der Volksbank Herford beliefen sich auf 300 000 Euro.
Als von dem Hauptgläubiger die Zwangsversteigerung des Ennigloher Hofes betrieben wurde, unternahm M. nach Ansicht der Richter nichts zu seiner Rettung. Trotzdem er diesen Vorgang verdrängte, staute sich bei Gustav M. eine Wut gegen den späteren Käufer seines Anwesens auf. Walter D. hatte auch zu Recht bemängelt, dass sich Gustav M. nicht oder nur ungenügend um die Tiere auf die Hof kümmere. Nach einem Besuch des Kreisveterinäramtes platzte dem Käufer der Kragen, M. musste den Hof im Wege der Zwangsräumung verlassen.
Als beide Männer an jenem 10. November allein durch eine Scheune spazierten, griff M. in einem Affekt zu einer Axt und schlug das »Monstrum« dem Hofkäufer gegen den Kopf. Ein zweiter Schlag traf den Oberschenkel. Mit nur leichten Verletzungen konnte Walter D. fliehen, Gustav M. zertrümmerte indes noch dessen Wagen.
»Uneinsichtig« und »alterstarrsinnig« hatte der Angeklagte die Tötungsabsicht bestritten. Weder Staatsanwalt Hans-Dieter Heidbrede (Strafantrag: vier Jahre) noch das Gericht glaubten ihm die Beteuerungen. Wer mit einer solchen Axt »auf den Kopf eines Menschen einschlage, der will auch töten« sagte der Staatsanwalt. Heidbrede bezeichnete das Geschehen schließlich als affektive Kurzschlussreaktion eines alternden Mannes in einer auswegloser Situation«. - Der Verteidiger des Bauern hatte lediglich eine Verurteilung wegen Körperverletzung gefordert und eine Bewährungsstrafe beantragt.

Artikel vom 12.05.2005