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»Ich kann mit Stolz gehen«

Tag nach der Trainer-Trennung: Dotchev lässt Kritik nicht gelten

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WV). »Es gibt auch noch ein Leben ohne den SC Paderborn 07.« Am Tag nach der Trainer-Trennung versuchte Pavel Dotchev schnell zur Tagesordnung überzugehen. Es gelang ihm nur zum Teil, zu groß ist noch die Enttäuschung.

»Ich muss mich nicht verstecken, sondern ich kann mit Stolz gehen. Denn ich habe dem Verein in den vergangenen zehn Jahren mehr gegeben, als ich bekommen habe«, macht der 39-Jährige seiner tiefen Verärgerung Luft. Namen nennt er nicht, eine Begründung, warum sein Vertrag über den 30. Juni 2005 hinaus nicht verlängert wurde, hat er aber bis heute nicht bekommen.
Falsche Aufstellung, lasche Einstellung oder mangelhafte Weiterentwicklung junger Spieler - die Kritik, die beim SCP nur hinter vorgehaltener Hand geübt wird, lässt der Ex-Nationalspieler auch nicht gelten. »Ich habe Markus Bollmann und Thorsten Becker zu Stammspielern gemacht, Sebastian Schachten kam aus der Oberliga und hatte bislang schon 14 Einsätze. Und das in einer Saison, in der nur der kurzfristige Erfolg zählt«, rechnet Dotchev mit seinen Kritikern im Verein ab. Einmal in Rage, wehrt sich Dotchev auch vehement gegen Vorwürfe, er habe zu lasch trainiert: »Die Mannschaft ist physisch topfit. Sonst wäre sie beispielsweise im DFB-Pokal gegen den Erstligisten SC Freiburg nicht auch noch in der Verlängerung die deutlich bessere Mannschaft gewesen. Wenn man Erfolg haben will, muss man heute nicht mehr solange trainieren, bis man Muskelkater hat.«
Besonders treffen den früheren Profi des Hamburger SV aber Vorhaltungen, mit dem vorhandenen Kader müsse man aufsteigen. »Ich habe sechs überdurchschnittlich gute Regionalliga-Spieler im Kader, aber die hatten wir vor drei Jahren auch. Nur da hieß das Ziel Platz zehn«, zieht er diesen Quervergleich und bittet, auch die lange Verletztenliste sowie den Wett-Skandal zu berücksichtigen: »Wir stehen seit Monaten auf einem Aufstiegsplatz und standen im Achtelfinale des DFB-Pokals. Ich habe in den vergangenen zwei Jahren 125 Punkte verbucht und kann deshalb guten Gewissens behaupten, dass ich das Maximale aus der Mannschaft rausgeholt habe.«
Der scheidende Coach gibt sich ungewohnt kämpferisch, so soll es auch bis zum letzten Spieltag bleiben. An »Aufgeben« habe er nie gedacht, das käme für Dotchev mit einem Verrat an seiner Mannschaft gleich: »Ich werde meine Jungs nicht im Stich lassen. Wir werden jetzt noch gemeinsam den Erfolg feiern, für den wir so hart gearbeitet haben.«
Mit dem SC Paderborn 07 soll es in die zweite Liga gehen, seine eigene Zukunft ist noch ungewiss. Bei den meisten Klubs seien die Entscheidungen längst gefallen, deshalb müsse er nun abwarten, hat sich Dotchev auf eine Pause eingestellt. Ebenso wie seine Kollegen Markus Gellhaus und Zsolt Petry. »Wir möchten aber beide im Trainerstab behalten«, bekräftigt der Sportliche Leiter Günther Rybarczyk, der zurzeit auf der Suche nach einem Dotchev-Nachfolger ist. Die geschehe »in Ruhe«, so Rybarczyk, solle aber dennoch »schleunigst« über die Bühne gehen.

Artikel vom 12.05.2005