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Bürokratischer Hürdenlauf
für eine Benefiz-Tombola

Wie man sich bei einer Tombola strafbar machen kann

Von Stefan Küppers(Text und Foto)
Altkreis Halle (WB). Wer als Vereinsvertreter eine Tombola veranstaltet, sei sie auch für einen guten Zweck, der kann juristisch gesehen schnell eine Niete ziehen. Was wohl nicht jeder weiß: Für die Veranstaltung einer Tombola müssen viele bürokratische Hürden überwunden werden. Und wer diese Mühe nicht eingehen will, macht sich sogar strafbar.

Der Haller Reinhard Große-Wächter, Vorsitzender des Schützenkreises Gütersloh, staunte jetzt nicht schlecht, als er im Rahmen einer Fortbildung des Kreissportbundes Einblicke in die juristischen Fallstricke gewann. Als staatstreuer Bürger machte er sich also daran, das traditionelle Benefiz-Fußballturnier des Schützenkreises auf rechtlich sichere Füße zu stellen. Den Papierkram, den dieses ehrenwerte Ansinnen auslöste, hätte er allerdings kaum für möglich gehalten.
Dem ehrenamtlichen Grünrock ist aber klar geworden, dass man auch eine kleine Tombola besser nicht zur Glücksache machen sollte. Denn im Paragraph 284 des Strafgesetzbuches heißt es: »Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.«
Als Ehrenamtlicher vor den Kadi? Da schlug Reinhard Große-Wächter lieber den korrekten Weg ein. Zwei Wochen vor dem Benefizturnier mit Tombola zeigte er die Gütersloher Veranstaltung beim dortigen Ordnungsamt in einem formlosen Schreiben an. Retour gab es zunächst jede Menge Merkblätter, worin er unter anderem über neue gesetzliche Regelungen informiert wird, die angeblich alles einfacher machen.
Die Tombola musste aber nicht nur beim Ordnungsamt, sondern auch beim Finanzamt Köln-Altstadt schriftlich angezeigt werden, beigefügt ein Freistellungsbescheid für den veranstaltenden Verein. Das Finanzamt Köln-Altstadt, das zentral in NRW für solche Lotterien zuständig ist, schickte daraufhin ein Schreiben mit vielen Fragen zurück. Wieviele Lose wurden zu welchem Preis verkauft, wie hoch war der Reinerlös, wer hat den Erlös erhalten (Zahlungsnachweis beifügen) und unter welcher Steuernummer wird der Empfänger des Erlöses steuerlich geführt (Freistellungsbescheid und Spendenbescheinigung beifügen)?
Reinhard Große-Wächter kämpfte sich tapfer durch den Papierkram, rechnete mit spitzer Feder, dass von dem Reinerlös von 1500 Euro genau 200 Euro auf die Tombola entfallen. Wenn er in einigen Monaten ohne Rechtsverstöße den Scheck an den Kinderschutzbund übergeben kann, dürfte der Schütze erleichtert sein. Doch die Frage stellt er sich schon: »Wer will eigentlich freiwillig die ganze Arbeit machen? Und passt das alles nicht irgendwie auf einen Bierdeckel?«
Ach ja: Die Tombola war längst nicht die einzige bürokratische Herausforderung. Weil beim Turnier auch Bier- und Würstchenbuden aufgestellt wurden, brauchte der Schützenchef zudem eine Gestattung gemäß Gaststättengesetz. Und die beinhaltet ein amtliches Gesundheitszeugnis für alle ehrenamtlichen Mitarbeiter, die mit Speisen in Berührung kommen. Kostenpunkt beim Kreisgesundheitsamt: 21 Euro.

Artikel vom 12.05.2005