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Patient erhält
Schmerzensgeld

Operation zum Scheitern verurteilt

Von Hubertus Hartmann
Paderborn/Geseke (WV). Der medizinische Sachverständige ging mit seinem Kollegen hart ins Gericht: »Medizinisch nicht vertretbar, dies war wirklich kein Fall für eine Umstellung«. Ein Chirurg im Heiliggeist-Hospital Geseke hatte es anders gesehen und doch zu Skalpell und Hammer gegriffen.

Leidtragender war ein damals 42-jähriger Landwirt aus der Zementstadt. Konrad G. hatte akute Hüftprobleme mit massivem Verschleiß. Da man bei noch relativ jungen Menschen die Implantation eines künstlichen Hüftgelenks nach Möglichkeit hinauszögert, riet der Arzt zu einer so genannten Umstellungsosteonomie. Dabei wird der Oberschenkelknochen unterhalb des Kugelkopfes durchtrennt und in einem bestimmten Winkel gedreht. Der war bei Konrad G. allerdings derart groß - 43 Grad in zwei Dimensionen -, dass die beiden Knochenteile nicht wieder richtig zusammen wuchsen.
Zehn Monate plagte sich der Bauer mit heftigen Schmerzen, konnten sich kaum bewegen und seinen Hof nicht mehr bewirtschaften. Bis er schließlich in einem anderen Krankenhaus doch eine neue Hüfte bekam, was mit der erfolglosen Umstellung eigentlich vermieden werden sollte. Das Geseker Krankenhaus und den Chirurgen verklagte er anschließend auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. »Mein Mandant musste die Schweinemast aufgeben und macht heute nur noch Ackerbau, wo er auf dem Trecker sitzen kann«, sagt sein Anwalt.
»Technisch war die Operation o.k.«, bescheinigte der vom Landgericht Paderborn bestellte Sachverständige Dr. Robert Rödl aus Münster dem Geseker Arzt. »Aber das Vorhaben war zum Scheitern verurteilt, weil der Verschleiß schon viel zu weit fortgeschritten war.« Zudem seien mit dem massiven Eingriff die Voraussetzungen für die spätere Endoprothese deutlich verschlechtert worden.
Normalerweise seien Patienten nach einer Hüftgelenk-Operation nach sechs Wochen wieder arbeitsfähig. »Bei dem Kläger hat sich die ganze Geschichte aber über zehn Monate hingezogen, und er hatte zusätzliche Schmerzen«, machte Richter Adalbert Heine deutlich.
In einem Vergleich erklärten sich Krankenhaus und Operateur zur Zahlung von insgesamt 40 000 Euro bereit - jeweils 20 000 Euro Verdienstausfall und Schmerzensgeld. Az.: 2 O 593/03

Artikel vom 12.05.2005