10.05.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Historischen Moment erlebt«

Großes Festprogramm: neue Glocke für die Detmolder Erlöserkirche

Detmold/Kreis Lippe (SZ). Die jüngste und die älteste Glocke Detmolds - beide hängen sie im Renaissanceturm der evangelisch-reformierten Erlöserkirche, 25 Meter über dem Marktplatz. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde jetzt die neue, aus Bronze gegossene und gut 1100 Kilogramm schwere »Friedensglocke« in den Kirchturm gehoben.

»Die Glocke möge stets Gott zur Ehre, den Menschen zur Mahnung und der Gemeinde zur Freude läuten«, wünschten Eko Alberts und Burkhard Krebber, die Pfarrer der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Detmold-Ost, dem bronzenen Riesen, als der Kranwagen ihn in den Glockenstuhl hievte.
Die Friedensglocke ist Nachfolgerin der Glocke, die die Gemeinde 1917 zu Kriegszwecken abgeben musste. Die »Feuerglocke« aus dem Jahre 1556, die nicht nur zum Gottesdienst rief, sondern die Stadt auch vor Bränden warnte, wurde durch beide Weltkriege gerettet. 2003 beschloss der Kirchenvorstand, die im ersten Weltkrieg abgelieferte Glocke durch eine neue zu ersetzen.
Die Kosten in Höhe von 25 000 Euro wurden allein mittels Spenden aufgebracht. Das Jahr des Einholens der neuen Glocke, 2005, wurde gewählt, weil es symbolträchtig ist: Vor 400 Jahren wurde in Lippe das reformierte Bekenntnis eingeführt und vor 60 Jahren endete der zweiten Weltkrieg. An diese beiden Geschichtsdaten erinnert die Glocke mit ihrem Namen »Friedensglocke« und mit dem Medaillon auf der Flanke: »1605 ecclesia reformata semper reformanda 2005« (»Die erneuerte Kirche muss immer erneuert werden«).
Es war ein langer Weg bis zur Ankunft der neuen Glocke auf dem Detmolder Marktplatz, denn spätestens seit Ende der 1970-er Jahre war ein Ersatz des 1917 erlittenen Verlustes immer wieder erwogen worden. So lange die Überlegungen dauerten, so kurz und fröhlich war die letzte Fahrt der neuen Glocke. Kinder des gemeindeeigenen Kindergartens »Schatztruhe« begleiteten die mit Girlanden geschmückte Friedensglocke auf ihrem Tiefladerwagen von der Schülerstraße zum Kirchturm. Angezogen mit speziellen Glocken-T-Shirts und in den Händen kleine Glöckchen klingelten die Kinder dem Transporter den Weg frei durch die vielen Hundert Zuschauer. Augenzeugen waren auch Dr. Armin Prinz zur Lippe, Landessuperintendent Gerrit Noltensmeier und Lippes Heimatbund-Vorsitzender Friedrich Brakemeier. Sie alle waren Beobachter eines wirklich seltenen Moments, denn Glocken »halten« 500 Jahre und länger.
Am Sonntag läuteten dann vor vor dem Gottesdienst die jüngste und die älteste Glocke Detmolds erstmals gemeinsam. Von 12 Uhr mittags an folgte danach ein Friedensgeläut. Im Rhythmus von zwei Minuten, von 12 bis 12.14 Uhr, erschallten abwechselnd die Glocken aller sieben Innenstadtkirchen. Symbolisch nahmen sie damit ihre jüngste Schwester in ihr »Orchester« auf. Ab 12.16 Uhr läuteten alle Glocken gemeinsam. Sie luden anlässlich des Kriegsendes vor 60 Jahren in die Erlöserkirche am Markt ein.

Artikel vom 10.05.2005