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Aus Briefen an die Redaktion


»Kein Friede in
Mastholter Schule«
In der Diskussion um das Thema flexible Schuleingangsphase in Mastholte bezieht nun auch der ehemalige Schulleiter, Bert Bertling, Stellung:

»Nach heftigen Diskussionen um die Flexi-Klassen in der Mastholter Grundschule, die ich 25 Jahre leiten durfte, sei der Friede wieder eingekehrt, schreiben Sie: Es ist leider nicht so. Ich werde schon lange von sehr vielen Eltern bedrängt, mich einzumischen. Auch jetzt nach Friedensschluss. Jetzt, nach einem halben Jahr der Flexi-Klassen, die ja der alten Landschule sehr ähnlich sind, zeigen sich nicht nur Sorgen bei »einigen Eltern«. Diese zählen in Mastholte nach meiner Einschätzung immerhin gegen 25 bis 30 Eltern. Wenn das so viele sind, muss wohl doch etwas nicht stimmen. Ich hatte von Anfang an große Bedenken gegen die Ideen der Landesregierung NRW, sie so früh umzusetzen. Ich habe meine Bedenken meiner Nachfolgerin immer gesagt. Landesweit registriert man heute die gleichen Besorgnisse von allen Beteiligten. Ich mache mir daher große Sorgen um »meine« alte Schule, um die Kinder in Mastholte.
Aus den beiden Lehrerverbänden (GEW und VBE) und vom nordrhein-westfälische Grundschulverband kommen inzwischen scharfe Kritiken, weil man das Experiment ohne gründliche (wissenschaftliche) Vorbereitung begonnen hat - oder schlimmer noch: Niemand hat das in dieser Form bisher ausprobiert. Die von der Landeregierung angeblich verzeichneten »Erfolge« können nach einem halben Jahr noch gar nicht vorliegen. Was vorliegt sind die Ängste solcher Eltern, die ein zweites Kind in der Schule haben. Sie vergleichen den Schulalltag und den Lernerfolg ihres ersten Kindes mit dem zweiten. Die Unterschiede müssen bemerkenswert sein.
In der Fachzeitschrift »Schule heute« lese ich heute eine geradezu vernichtende Kritik zu diesem Modell. Derzeit werden dort bundesweit führende Wissenschaftler mit ausschließlich negativen Urteilen zitiert. Die Kritik gipfelt in der scharfen Feststellung: »Solange bei uns wissenschaftsferne Konzepte und finanzstrategische Überlegungen, getarnt als Schulreform, die wesentlichen Steuerelemente der Bildungspolitik sind, bleibt unser Land schulisches Entwicklungsland. Ungewiss ausgehende schulische Experimente verbieten sich eigentlich von selbst.«
Ich hatte meine Nachfolgerin von Anfang an gebeten, sie möge doch mit der Einführung warten, bis brauchbare Erkenntnis von Versuchschulen mit wissenschaftlicher Begleitung vorlägen. Jetzt kann ich nur für die Mastholter Kinder hoffen, das diese zweifellos tüchtige, aber eben auch sehr ehrgeizige Rektorin von der nächsten Landtagswahl gestoppt wird. Die CDU will nämlich bei einem Wahlsieg die ganze Sache wieder rückgängig machen. Damit waren wir nämlich in Mastholte doch ganz erfolgreich. Oder?

BERT BERTLING59555 LIPPSTADT

Artikel vom 10.05.2005