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Metapher für das Dasein des Menschen

Ginés de Castillo-Elejabeytia schuf neue Zeitskulptur fürs ZiF

Bielefeld (uj). »Der Erfolg der vor zwölf Jahren geborenen Idee war damals nicht vorhersehbar. Nun aber lässt sich sagen, dass die Konzeption voll aufgegangen ist und konsequent durchgeführt wurde«, so Professor Peter Sommer bei bei der Einweihung der neuen Zeitskulptur, die nun ein Jahr lang den Eingangsbereich des Zentrums für interdisziplinäre Forschung (ZiF) ziert.

Vom reinen Dekorationsobjekt freilich ist die von Ginés de Castillo-Elejabeytia geschaffene Skulptur aus Terrakotta, Ton, Kalk und Erde weit entfernt, auch wenn der kubenartige Aufbau im Sandton durchaus seine ästhetischen Reize hat. Betitelt mit »Erosion«, wird sich die Zeitskulptur im Laufe des jahreszeitlichen Einflusses auswaschen und mit der Veränderung den Betrachter zum Sehen, Erleben und Nachdenken über das Phänomen »Zeit« anregen.
»Uns als Betrachtern bleibt nun die Aufgabe, das reale Ausgangsobjekt ein Jahr lang zu beobachten. Denn erst die einzelnen Seh-Sequenzen in Verbindung mit der inneren geistigen Zusammenschau aller Stadien des Objektes machen es zum eigentlichen Kunstobjekt. So wird Ginés de Castillos Erosion zum Zeitmesser, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbindet und als Metapher für das Dasein der Menschen gesehen werden kann«, würdigte Sommer das Werk des 1942 in Murcia, Südspanien, geborenen Künstlers, der erstmals öffentlich mit seinen Werken auf den Plan tritt.
Ginés de Castillo-Elejabeytia kam 1964 nach Deutschland und studierte an der Universität Bielefeld Soziologie. Er unterrichtete Spanisch an der Höheren Handelsschule und belegt seit 1998 Kurse der Keramikwerkstatt an der Universität bei Professor Sommer. Seit einigen Semestern ist er auch als Gasthörer im Fachbereich Kunst eingeschrieben, wobei er sich der Malerei widmet.
Im ZiF stellt der 63-Jährige noch eine Reihe von Terrakotta-Skulpturen aus, die von der Architektur und Natur seiner Heimat inspiriert scheinen. Archaische Formen weisen häufig Risse, wie sie bei großer Trockenheit entstehen, auf. Scherben deuten auf alte, vergangene Kulturen hin.
Daneben widmet sich der Künstler der Malerei beziehungsweise Zeichnung. Eine tagebuchartige Serie im DIN A6-Format entstand täglich zwischen Oktober 2002 und Oktober 2003. Jeden Abend ließ sich de Castillo - meist vorm Fernseher, wie er unumwunden verrät -Êvom subjektiven und politischen Tagesgeschehen inspirieren. Mit Farbstiften oder Wasserfarben entstand eine detaillreich ausgemalte Bilderserie, die als persönliches Psychogramm des Künstlers gedeutet werden kann.
In einer weiteren seriellen Arbeit sind Porträts abgebildet. Sie zeigen, so de Castillo, keine bestimmten Personen, sind jedoch ebenfalls chronologisch angeordnet.
Die Ausstellung in den Innenräumen des ZiF, Wellenberg 1, läuft bis Montag, 6. Juni, und kann montags und dienstags von 8 bis 16 Uhr sowie mittwochs bis freitags von 8 bis 15.30 Uhr besucht werden. Die Zeitskulptur ist für die Dauer eines Jahres jederzeit zugänglich.

Artikel vom 09.05.2005