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Familien auf der Flucht,
um im Krieg zu überleben

Heimatvertriebenen erinnern sich an den 7. Mai 1945

Halle (td). Vor 60 Jahren mussten sie ihr Heimatdorf Baumgarten am Rande des Riesengebirges verlassen. Bei ihrem 59. Treffen am vergangenen Samstag im Gasthof Tatenhausen erinnerten sich die Vertriebenen an die Geschehnisse des 7. Mai 1945, die ihr Schicksal bestimmten.

Horst Schmidt aus Versmold, der zusammen mit Heinz Mai aus Halle das Treffen organisierte, blickte in seiner Ansprache auf die historischen Ereignisse zurück: »Am frühen Morgen sind wir mit unseren Pferdewagen vor den herannahenden russischen Truppen in Richtung Westen aufgebrochen. Wir sind 30 Kilometer bis kurz vor Landeshut gefahren, wo einige eine notdürftige Unterkunft fanden. Ich schlief bei meinen Pferden unter der Plane.«
Am Tag des offiziellen Kriegsendes waren die Wagen nach kurzer Fahrt in einen Flüchtlingsstau geraten. »Deutsche Soldaten versuchten in den Tracks unterzutauchen und russische Soldaten forderten uns zur Umkehr auf«, erinnerte sich Schmidt, der damals 15 Jahre alt war.
Am 27. Juli 1946 erließ die polnische Verwaltung den Sonderbefehl, die Deutschen aus dem Land zu vertreiben. Infolgedessen machten sich die Bewohner des Bauerndorfes Baumgarten auf eine lange Reise. Sie erreichten am 4. August die Flachsröste in Künsebeck. »Uns Heimatvertriebenen standen harte Jahre bevor«, sagte Schmidt im Hinblick auf das kümmerliche Leben, was seine Eltern in einem Zimmer auf einem Hof in Schrötinghausen erwartete. »Die Heimat ist für die Menschen da. Sie ist dort, wo man geboren und aufgewachsen ist. Sie haben sie gelebt durch harter Hände Arbeit.« Mit diesen Worten überbrachte Halles stellvertretender Bürgermeister Fritz Weßling herzliche Grüße im Namen von Rat und Verwaltung. »Es ist wichtig, das Geschehen und das Unrecht, das Ihnen widerfahren ist auch nachfolgenden Generationen zu übermitteln«, sagte Weßling.
Die Baumgärtner treffen sich jedes Jahr im Wechsel in Halle, Lippstadt und Velbert (Rheinland). Im Gasthof Tatenhausen sangen die 80 Teilnehmer in Erinnerung an ihre Heimat die Lieder »O du Heimat lieb und traut!« und »Hohe Tannen weisen die Sterne«.

Artikel vom 09.05.2005