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In der Haft hatte Günter Grumbach immer wieder vom Mohnkuchen seiner Mutter geträumt. Die hatte das offenbar geahnt und deshalb einen solchen Kuchen gebacken.

Willkommensfeier mit Mutters Mohnkuchen

Grumbachs nach Freilassung optimistisch gestimmt

Von Christian Althoff und
Stefan Hörttrich (Fotos)
Paderborn (WB). Erschöpft, aber erleichtert sind Marion und Günter Grumbach in der Nacht zum Samstag nach 30-stündiger Reise in Rottenburg (Baden-Württemberg) eingetroffen. Dort wird das Paderborner Ehepaar, das 817 Tage in philippinischer Haft gesessen hatte, vorerst bei Günter Grumbachs Mutter Katharina wohnen.

Tränen der Freude glänzten in den Augen der 74-Jährigen, als ihr Sohn und ihre Schwiegertochter kurz vor Mitternacht mit zwei Koffern und Handgepäck vor der Tür standen. »Gott sei Dank, dass ihr endlich hier seid!«, rief sie und schlug die Hände vors Gesicht. Oben im Wohnzimmer hatte Katharina Grumbach den Tisch für die Heimkehrer und etliche Verwandte gedeckt, die zur Willkommensfeier angereist waren. Zum Nachtisch gab's frisch gebackenen Mohnkuchen - Günter Grumbachs Lieblingsspeise.
»Am meisten freuen wir uns, dass wir unsere Freiheit wieder haben«, sagte Marion Grumbach. Mehr als zwei Jahre war sie mit ihrem Mann in Manila eingesperrt gewesen - wegen angeblicher Visaverstöße und weil Günter Grumbach eine einheimische Frau belästigt haben sollte. »Obwohl wir so lange auf engem Raum zusammenleben mussten, haben wir uns eigentlich nie gestritten. Wir waren einfach froh, dass wir uns hatten«, erzählte die 54-Jährige. Die Wachen seien zwar gelegentlich gewalttätig gegen andere Häftlinge gewesen und hätten jüngst auch eine von Marion Grumbachs Katzen erschossen (»die hielten nachts die Ratten fern«), aber sie hätten das deutsche Ehepaar in Ruhe gelassen. »Die Wachen haben uns sogar dazu gratuliert, dass ein Deutscher zum Papst gewählt worden ist«, erinnerte sich Marion Grumbach.
Vor elf Tagen war das Verfahren gegen Günter Grumbach nach zweiminütiger Verhandlung schließlich eingestellt worden. »Nach dem Prozess bot mir der Richter an, ich könne die Tauchbasis leiten, die er nach seiner Pensionierung eröffnen wollte«, sagte der 49-Jährige. Der Mann habe ihm versprochen, alle notwendigen Papiere zu beschaffen. »Aber wenn man erlebt hat, dass man auf den Philippinen wegen einer haltlosen Beschuldigung für Jahre hinter Gitter kommt, hat man kein Interesse, das Schicksal noch einmal herauszufordern.«
In den letzten Wochen habe die deutsche Botschaft alles unternommen, um seine Frau und ihn endlich freizubekommen, sagte Günter Grumbach. »Sonst hätte es vielleicht noch Jahre bis zu meinem Prozess gedauert.« Das Ehepaar dankte aber auch dem Paderborner Rechtsanwalt Detlev Stoffels und dem Bielefelder Europaabgeordneten Elmar Brok, die sich von Deutschland aus eingesetzt hatten.
Wie es nun weitergeht - die Grumbachs wissen es noch nicht. Als sie 1998 ausgewandert waren, hatte Marion Grumbach ihr Antiquitätengeschäft in Paderborn aufgegeben, und ihr Mann hatte seine Stelle bei Bertelsmann gekündigt, wo der Maschinenbautechniker für die Wartung der Gabelstaplerflotte zuständig war. »In unserem Alter nimmt uns doch niemand mehr«, meinte Günter Grumbach, der sich seinen Optimismus trotz des Erlebten bewahrt hat: »Für uns kann es nur besser werden. Vielleicht gebe ich Senioren-Computerkurse, oder ich veröffentliche mein Wissen zum Thema Tauchen. Mal sehen. . .«

Artikel vom 09.05.2005