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Mit Seitenhieben wird nicht gespart

»Mindener Stichlinge« lesen Politgrößen im Universum die Leviten


Bünde (eic). Kabarett à la carte bekamen die Gäste des Bünder »Universum« am Himmelfahrtsabend geboten. Im politkritischen Stil von »Scheibenwischer« und den »Wühlmäusen« unterhielten die fünf »Mindener Stichlinge« ihr Publikum mit zahlreichen Seitenhieben auf Rechtsradikalismus, Gesundheitsreform und Hartz IV.
Wer etwas gegen die Klimaerwärmung hat, der hat keine Ahnung. Schließlich würde der Anstieg des Meerespiegels der maroden Schiffsbauindustrie zu neuem Glanz verhelfen, während die Ausbreitung der Malaria der Pharmaindustrie gelegen käme. Die deutsche Wirtschaft würde boomen. So jedenfalls die Theorie, die das Kabarett »Mindener Stichlinge« seinem Publikum in ihrem neuen Programm »Schöne Aussicht« näher brachte.
Doch dies sollte nicht der einzige Ansatz zur Sanierung Deutschlands bleiben. Warum es nicht so machen wie die großen Unternehmen und unrentable Positionen streichen? So könnte man ja die neuen Bundesländer - marktwirtschaftlich - abstoßen und die Arbeitslosen aus der Staatsbürgerschaft entlassen.
Die Kreativität der »Stichlinge« schien in dieser Hinsicht keine Grenzen zu kennen. Im Fadenkreuz der Kabarettisten stand jedoch nicht nur die deutsche Wirtschaft. Auch die Parteichefs Angela Merkel und Guido Westerwelle sowie schillernde Persönlichkeiten wie Marcel Reich-Ranicki bekamen an diesem Abend ihr Fett weg.
Vor der Kulisse ihrer kabaretteigenen Kneipe »Schöne Aussicht« stichelten Dieter Fechner, Kirsten Gerlhof, Christine Rohlfing und Oliver Roth gemeinsam mit Pianist Dietmar Möller gegen übereifrige Bundeswehroffiziere, Kopfpauschalen und Arbeitslosengeld II. Aufgepeppt wurde das Programm durch sarkastisch angehauchte Songs, die zwar nicht immer hitverdächtig, aber stets unterhaltsam rüber kamen.
Für das zahlreich erschienene Publikum waren die »Stichlinge« sicher keine Unbekannten. Seit nunmehr 39 Jahren führen sie aktuelle politische Themen »ad absurdum« und sind weit über die Grenzen ihrer Mindener Heimat bekannt. »Früher sind oft ganze Konvois aus Bünde nach Minden gefahren, um die Stichlinge zu sehen«, erinnert sich Dirk Kaiser, Betreiber des Universums. Irgendwann habe er sich dann zum Ziel gesetzt, das Kabarett nach Bünde zu bringen. Aus den ersten Versuchen wurde ein voller Erfolg und so gaben die Mindener am Donnerstag bereits ihr drittes Gastspiel in der Zigarrenstadt. Weitere werden sicherlich folgen, schließlich war auch die diesjährige Vorstellung wieder ausverkauft, was für Dirk Kaiser ein klarer Grund für eine Wiederholung ist.

Artikel vom 07.05.2005