05.05.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gestapomann mit
zwei Gesichtern

Eitel Riefenstahl liest im VHS-Haus

Gütersloh (WB). Die Gestapo, eine Abkürzung für »Geheime Staatspolizei«, war das berüchtigte Werkzeug der Nazis im Kampf gegen jede Art von Abweichung und gegen die Juden. Dass es auch Beamte gab, die ihre Position nutzten, um Einzelnen zu helfen, weiß Eitel Riefenstahl, langjähriger Leiter des WDR-Landesstudios Bielefeld, aus eigener Erfahrung zu berichten.

Mit einer Lesung am Donnerstag, 12. Mai, 19.30 Uhr, in der Aula des VHS-Hauses in der Hohenzollernstraße 43 wird er einen Einblick in die Biografie seines Vaters geben, den er zu Lebzeiten für einen überzeugten Gesinnungstäter hielt. Erst viele Jahre nach seinem Tod fand der Sohn heraus, dass der Vater zwangsverpflichtet worden war und versucht hat, Spielräume zu nutzen, um Menschen vor Folter und Tod zu bewahren. Für den renommierten Journalisten steht fest, dass es auch in Diktaturen Freiräume für Menschlichkeit gibt.
Der 1936 in Duisburg geborene Eitel Riefenstahl volontierte bei den Ruhr Nachrichten in Dortmund und arbeitete mehrere Jahre als Zeitungsredakteur. Danach war Riefenstahl als freier Radio- und Zeitungskorrepondent in Lateinamerika und Afrika tätig. Es folgten 30 Redakteursjahre beim WDR. Zuletzt war er Leiter der TV-Redaktion im Studio Bielefeld und verantwortlicher Produzent und Moderator der 45-Minuten-Sendung »Kurpromenade«. Riefenstahl arbeitet derzeit als freier Mitarbeiter der Deutschen Welle TV und als Publizist.
Nach dem Ausscheiden aus dem WDR schrieb er das Buch »Requiem für einen Gestapomann«, einen posthumen Dialog mit seinem verstorbenen Vater; denn der Journalist hatte lange nach dem Tode seiner Eltern Dokumente gefunden, die belegen, dass sein Vater als zwangskommandierter Gestapomann Menschen vor Folter und KZ gerettet hat. Riefenstahl wurde klar, dass sein Vater, mit dem er sich wegen der Nazizeit zerstritten hatte, nur seinem Gewissen gefolgt war und dem Rat seiner Frau, einer überzeugten Christin.

Artikel vom 05.05.2005