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Tango mit
Alltagslyrik

Liedermacher Wenzel zu Gast

Von Manfred Stienecke
(Text und Foto)
Altenbeken (WV). Wieder einmal in Altenbeken: der Berliner Liedermacher Hans-Eckardt Wenzel hat auch hier sein treues Fanpublikum.

Ganz ausverkauft war das Eggemuseum am Samstag nicht - aber diejenigen, die gekommen waren, schienen sehr genau zu wissen, was sie erwartete. Am Schluss des mehr als zweistündigen Chanson-Programms wollten die gut 100 Zuhörer den Barden mit den schulterlangen Locken gar nicht mehr von der Bühne lassen.
Er freue sich, zum dritten Mal in Altenbeken aufzutreten, versicherte Wenzel seinem Publikum und schloss gleich den Bogen von der Lutherstadt Wittenberg, in der er geboren wurde, und der ostwestfälischen Provinz: »Das Schönste in den Kleinstädten sind die Bahnhöfe - weil man so schnell wegfahren kann.«
Ihn selbst jedenfalls hielt nichts in seiner Heimatstadt. Schon vor der Wende machte Wenzel Musik im damaligen Ost-Berlin. Einige jener nostalgischen Stücke über die dumpfe Enge des DDR-Alltags und die Gängeleien im »Unrechts-Staat« hatte er auch in Altenbeken im Programm - und sie gehörten zum Besten des Abends. Wenzel singt Poetisch-Absurdes mit satirischen Untertönen irgendwo zwischen der Alltagslyrik von Reinhard Mey, dem Schelmenwitz eines Ulrich Roski und der Weltschmerz-Melancholie von Konstantin Wecker.
Auch musikalisch bewegt sich der Berliner Liedermacher und Chansonnier auf gehobenem Niveau. Von Lied zu Lied zwischen dem Musette-Akkordeon, der Gitarre und dem Klavier pendelnd klingen seine Songs mal mal tänzerisch-leicht, mal tangobetont-leidend, dann wieder folkloristisch-heiter. Zu den stärksten Stücken seines locker gewobenen Lied-Programms zählten ganz zweifellos seine Selbstmitleids-Nummer mit dem Refrain »Tut mir so leid«, und auch die Ballade über das Klassentreffen und das Liebeslied über die verkorkste Beziehung zu einer Öko-Emanze trugen zur Erheiterung bei. Beachtlich schließlich die Vertonung von Texten des amerikanischen Folkmusikers und Protestsong-Urgesteins Woody Guthrie.
Der zwischen den Songs immer wieder eingestreute Running-Gag »Gibt es Fragen Ihrerseits?« blieb ohne Reaktion im Publikum. Dabei hätte man sich schon Auskunft darauf gewünscht, warum zum Beispiel die Anmoderation der einzelnen Lieder in der Regel länger dauerte als der Song selbst oder ob man es nach jahrelanger Bühnentätigkeit und renommierten Auszeichnungen (Deutscher Kleinkunstpreis 2001, Deutscher Folkpreis 2003) nötig hat, ständig noch Werbung für die eigenen CDs zu machen.

Artikel vom 09.05.2005