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»Es darf keine Lügen
und keineTabus geben«

Zentrale Gedenkstunde an zwei Mahnmalen

Von Volker Zeiger (Text und Fotos)
Enger (EA). Mit dem eindringlichen Appell an junge Menschen, sich nicht vom Hass gegen Andere treiben zu lassen, sondern miteinander leben zu lernen, hat Landrätin Lieselore Curländer gestern an die Opfer der Gewaltherrschaft in der Zeit der Nazidiktatur erinnert. Die Kreisverwaltung hatte mit Kommunal-, Kreis- und Landespolitikern zur zentralen Gedenkfeier in Enger aufgerufen.

Am Gedenkstein für die Opfer des Naziterrors an der Renteistraße legten Lieselore Curländer und Bürgermeister Klaus Rieke einen Kranz ab. Auf den Schleifen wird zum dauerhaften Frieden aufgefordert. Curländer forderte vor etwa 70 Personen, die dem Aufruf zur Gedenkveranstaltung gefolgt waren, auf, den Frieden zu ehren, für den Frieden zu arbeiten und sich an das geltende Recht der Demokratie zu halten. Wenn das gemeinsam geschehe, dann »haben wir eine gute Chance auf Frieden in der Welt«, sagte sie weiter. Rieke erinnerte an 60 Millionen Menschen, die wegen der Nazidiktatur weltweit starben. Der Gedenkstein, der 1985 an der Renteistraße aufgestellt wurde, schließe alle Opfer ein.
Der Historiker Dr. Norbert Sahrhage verwies in einer langen Rede auf »symbolträchtige Orte« in Enger: auf den Gedenkstein, auf das Widukind-Museum und auf das Gefangenenmahnmal. Sahrhage erinnerte an Judenverfolgungen, an Deportationen, an Euthanasie. Im Museum sei Sachsenherzog Widukind damals als Kämpfer für Blut und Boden betrachtet worden. Die Wehrmacht sei für viele Verbrechen im Osten verantwortlich, »das Bild der sauberen Wehrmacht ist für mich nicht haltbar«. Das Heimkehrerdenkmal, so Sahrhage, »wirkt auf mich Opfer, sondern auch Täter gegeben, »die mehr oder weniger willfährige Instrumente der damaligen Politik« gewesen seien. Doch es dürften, zitierte er aus einem Buch über Gräueltaten der Roten Armee, Verbrechen nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Unverzichtbar sei, das Bild der Willkürherrschaft tabulos zu zeigen.

Artikel vom 09.05.2005