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Empfang beim Landesvater

Bea und Jan-Philipp vertraten Jahn-Realschule als WM-Botschafter

Von Andreas Flender
Lübbecke/Düsseldorf (WB). Ein besonderer Tag im Schülerleben von Bea Wegner und Jan-Philipp Rave. Die beiden Schüler sind zwölf Jahre alt und besuchen die Klassen 6 a und 6 b der Jahn-Realschule. Doch statt die harte Schulbank zu drücken gab es jetzt lockere Gespräche und Händeschütteln mit bedeutenden Politikern und Sportlern.
Bekanntschaft mit der Fußball-Prominenz: Der ehemalige Bundesligaprofi Ingo Anderbrügge stand auch Bea und Jan-Philipp Rede und Antwort. Foto: Flender
Ganz früh am Morgen waren die beiden Fußballer gemeinsam mit den Projektbetreuern Elke Pohl und Andreas Flender von Lübbecke aus in die Landeshauptstadt aufgebrochen. Ministerpräsident Heidemarie Peer Steinbrück hatte Vertreter aller WM-Botschafterschulen des Landes zu einem Empfang in die Staatskanzlei nach Düsseldorf eingeladen.
Und so lauschten Bea und Jan-Philipp ganz aufmerksam, als sowohl der Landesvater als auch Bundes-Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul in ihren kurzen Ansprachen die besondere Rolle von Fair-Play hervorhoben. Nicht nur im sportlichen Rahmen, sondern insbesondere auch im Alltag sollen sich junge Menschen Gedanken machen über fremde Kulturen, Toleranz und die Notwendigkeit von praktischer Unterstützung und Zusammenarbeit. »Die Welt zu Gast bei Freunden« - das Motto der Fußball-WM 2006 - soll auf diese Weise mit Inhalt und Leben gefüllt werden.
Zu dem Empfang waren unter anderem die Schul-Botschafter von Mosambik, Kenia, Portugal, Katar, Kirgisien und Südafrika erschienen. Die Jahn-Realschule Lübbecke repräsentiert ein politisch geplagtes und fußballerisch völlig unbekanntes Land: Palästina.
Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul suchte ganz zielstrebig das Gespräch mit den beiden Lübbecker Schülern: »Was wisst ihr über Palästina?«, so die neugierige Frage der 62-jährigen Politikerin. »Ich kenne Palästina aus den Nachrichten, und dort ist immer Krieg«, wusste Jan-Philipp zu berichten, während Bea sich kaum vorstellen konnte, dass dort auch Fußball gespielt wird. »Dann werdet ihr Palästina bald sehr gut kennen lernen. Es ist eine große Aufgabe für euch und eure Schule, und ich wünsche euch viel Erfolg aber auch Spaß bei der Arbeit«, gab die Ministerin den beiden Schülern gute Wünsche mit in den Mühlenkreis.
Die Jahn-Realschule hatte sich für das bundesweite Projekt »Fair play for fair life« beworben und wurde nach einem Losverfahren »WM-Schule« und Botschafter für Palästina. Diese Botschafterrolle beinhaltet eine Internet-Präsentation, Schwerpunktarbeiten im Fachunterricht, in Arbeitsgemeinschaften und in Form eines »Fair-Play«-Projekttages. Die Schülerinnen und Schüler werden sich aber auch sportlich für ihr Partnerland Palästina betätigen: Streetfootball als Kleinfeld-Turnier. Gespielt wird nach alten Regeln: »Drei Ecken, ein Elfer«, Mädchen-Tore zählen doppelt und Fair-Play hat immer Vorrang. Geplant ist zunächst ein Vorbereitungsturnier, von der Jahn-Realschule ausgerichtet und mit verschiedenen Schulen des Mühlenkreises im Teilnehmerfeld.
Dann wird es ernst: Der Fußball-Nachwuchs der Realschule - mit Bea (BSC Blasheim, Mädchen B2-Jugend) und Jan-Philipp (FC Lübbecke, D-Jugend) im zentralen Mittelfeld - wird im September an einem Qualifikationsturnier in Halle/ Saale teilnehmen und dort für den Einzug ins Endturnier kämpfen. 32 von 205 Botschafterschulen werden zeitgleich zur Fußball-WM 2006 den »Fair-Play«-Weltmeister ermitteln.
Die aus 15 Mädchen und Jungen der Jahrgangsstufen 5 und 6 bestehende Auswahl trainiert regelmäßig für ihre Auftritte und so rechnet sich Peter Schneekönig, verantwortlich für den sportlichen Teil des Projektes, gute Chancen auf einen Finaleinzug aus.
Neben der politischen Prominenz hatte sich auch ein namhafter ehemaliger Bundesligaprofi in der Staatskanzlei eingefunden.
Ingo Anderbrügge (41), der 293 Bundesligaspiele (53 Tore) für Schalke 04 und Borussia Dortmund bestritt, stand den Gästen Rede und Antwort und forderte einige Schüler zum Torwandschießen heraus. Bea und Jan-Philipp staunten nicht schlecht: »Mit dem hätten wir es auch noch aufgenommen.« Ministerpräsident Peer Steinbrück erinnerte an alte Erfolge der Traditionsvereine aus NRW und wünschte sich »mal wieder die Deutsche Meisterschaft eines Westvereins«. Dabei mag er weniger an unseren Bielefelder Bundesligisten gedacht haben. Bea und Jan-Philipp, beides glühende Arminia-Fans, sehen das allerdings ganz anders. Optimistisch, zufrieden und beschenkt mit zwei gestifteten Lederbällen traten sie die Heimreise nach Ostwestfalen an.

Artikel vom 05.05.2005