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Ballkönige liefern heißen Maitanz

Handball-Bundesliga: TuS N-Lübbecke unterliegt dem THW Kiel mit 33:41 (19:18)

Lübbecke (law). Es war ein heißer Tanz in den Mai, den der TuS N-Lübbecke dem designierten Deutschen Meister THW Kiel am Samstagabend in der Kreissporthalle lieferte! »Ein wahres Handballfest«, wie es THW-Manager Uwe Schwenker ausdrückte oder einfach Werbung für den Handball pur! Zwar stand am Ende ein 41:33-Sieg für den haushohen Favoriten von der Ostsee zu Buche, doch der Aufsteiger zeigte über weite Strecken seine beste Saisonleistung.
Meister-Feier? Der THW Kiel stürmte auch die Festung Kreissporthalle.

Der TuSN-L legte einen Blitzstart hin, dominierte danach die erste Halbzeit, führte gar beim Seitenwechsel mit 19:18 und begeisterte die Zuschauer in der Kreissporthalle. Allerdings nicht alle Zuschauer, denn die über 500 aus Kiel mitgereisten Fans rieben sich verwundert die Augen, als die Lübbecker wie die Feuerwehr loslegten. Mit Euphorie und konsequentem Einsatz überrannten die Nettelstedter die Gäste in der Anfangsphase: Goran Sprem, zweimal der gut aufgelegte Tobias Schröder und Patrick Fölser mit einem Doppelpack sorgten für den sensationellen 5:0-Zwischenstand nach sechs Minuten. Der TuS N-Lübbecke überraschte mit dem Einsatz von Abwehrchef Daniel Kubes, dessen zuerst als Wadenbein-Anbruch diagnostizierte Verletzung sich nicht bestätigte. Kubes biss auf die Zähne und stellte zusammen mit Fabian van Olphen einen über weite Strecken des Spiels sehr sattelfesten Innenblock. Auch die angeschlagenen Goran Sprem und Patrick Fölser wollten sich das Erlebnis des Heimspiels gegen Kiel nicht nehmen lassen und liefen auf. Fölser konnte allerdings »nur« im Angriff spielen. »Die Jungs sind so heiß wie gegen Minden«, hatte Lübbeckes Trainer Jens Pfänder schon vor dem Spiel vorhergesagt, dass seine Mannschaft gewillt ist, das Letzte zu geben. Von dieser Courage waren die Kieler überrascht worden. »Nettelstedt ist nach jedem Ball gesprungen und hat großen Einsatz gezeigt«, räumte der den an der Achillessehne verletzten Noka Serdarusic auf der Pressekonferenz vertretende Klaus-Dieter Petersen ein. »Wir waren in der Abwehr nicht voll da«, so der Co-Trainer des THW weiter. Erst in der siebten Minute gelang dem Kieler Linksaußen Hendrik Lundström der erste Kieler Treffer. Bis zum 9:5 hielt die deutliche Lübbecker Führung, gestützt von einem stark haltenden Nandor Fazekas spielte der TuS mit enormen Tempo nach vorne und wurde für den Mut belohnt. Kiels Stärke in dieser Saison ist, sich von keinem Zwischenstand beirren zu lassen. So nutzten die »Zebras« einige Unkonzentriertheiten des TuS zum 9:9-Ausgleich (14.).
Stian Tønnesen, Tobias Schröder und Goran Sprem konterten zum 12:9 (17.). Erst kurz vor dem Halbzeitpfiff der souverän leitenden Unparteiischen Lars Geipel und Marcus Helbig gelang dem THW der 18:18-Ausgleich. Dem in der ersten Halbzeit (es war die beste Halbzeit des TuS in dieser Saison) mit fünf Toren stark auftrumpfenden Rolf Hermann war es vorbehalten, das viel umjubelte 19:18 zum Pausenstand zu erzielen. Hermann hat es in dieser Saison somit schon auf respektable 102 Tore gebracht. »In der Halbzeitpause haben wir uns vorgenommen, den absoluten Siegeswillen zu zeigen und in der Abwehr aggressiver zu werden, was wir auch umgesetzt haben«, erklärte Klaus-Dieter Petersen. Kiel kam besser aus den Startlöchern und Johan Pettersson erzielte in der 34. Minute mit seinem Tor zum 19:20 die erste Führung der Kieler, die die Gäste nicht mehr abgaben.
»Wir haben in dieser Woche nur einmal richtig trainieren können, da war klar, dass wir das hohe Tempo nicht durchhalten können. Es ist der einzige kleine Vorwurf an uns, dass wir dennoch das Tempo hochgehalten haben«, kommentierte Jens Pfände die folgende Phase, in der seine Schützlinge mit zunehmender Spieldauer an Welthandballer Henning Fritz scheiterten. Zudem war Kiels Kreisläufer Marcus Ahlm überhaupt nicht in den Griff zu bekommen. Obwohl die Nettelstedter Abwehr gut stand, brachten Christian Zeitz und Stefan Lövgren »die unmöglichsten Bälle« (Pfänder) an den Kreis, die Ahlm sicher verwertete oder einen Siebenmeter riss. Der Schwede brachte es insgesamt auf zehn Treffer, davon sieben im zweiten Abschnitt. Zudem holte er sieben »Marken« heraus. Trotzdem blieb der TuS dran. Beim 25:26 durch Schröder war der Anschluss da. Nach wie vor lag eine Sensation in der Luft. Auch von einem Zwischenspurt des THW zum 31:35 (52.) ließen sich die toll kämpfenden Lübbecker nicht ins Bockshorn jagen. Dirk Hartmann traf zum 32:35, Kiel konnte sich nicht sicher sein. Dann vielleicht der Knackpunkt der Partie: Zunächst scheiterte Goran Sprem vom Siebenmeterpunkt an Fritz. Nach einer Parade des in der 50. Minute eingewechselten »Kasa« Szmal war es erneut Sprem (er war mit 9/3 Toren bester Werfer des TuS), der einen Gegenstoß nicht am deutschen Nationaltorwart vorbeibrachte. Szmal hielt wiederum, doch der Ball gelangte im Mittelfeld zum THW und Frode Hagen erzielte mit dem 32:36 (55.) die Vorentscheidung. In den letzten Minuten musste der Aufsteiger dem hohen Tempo Tribut zollen, so dass der THW noch zu einigen einfachen Toren kam. Die Zuschauer waren begeistert: Wo außer in der Kreissporthalle feiern die Fans ihre Mannschaft bereits fünf Minuten vor dem Abpfiff mit stehenden Ovationen, obwohl ihre Mannschaft mit acht Toren verliert?
Entsprechend glücklich und gelöst waren dann auch die Kieler nach der Schlusssirene - wohlwissend, den vielleicht schwersten (Auswärts-) Brocken auf dem restlichen Weg zur Meisterschaft bewältigt zu haben. Schließlich hat der THW Kiel den vermeintlich härtesten Brocken auf dem Weg zur elften Meisterschaft aus dem Weg geräumt und Aufsteiger TuS N-Lübbecke kann immerhin sehr stolz auf die gezeigte Leistung sein. Es war der versprochene heiße »Tanz in den Mai« - ein echter Feiertag für alle Handball-Feinschmecker eben.

Artikel vom 02.05.2005