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Kummer statt Hummer

1. Mai-Kundgebung im Zeichen der Kapitalismus-Kritik

Von Bernd Bexte (Text und Fotos)
Herford (HK). Auch in Herford überschattete die aktuelle Kapitalismus-Debatte die Kundgebung zum 1. Mai auf dem Alten Markt. Alle Redner setzten sich kritisch mit den Auswüchsen der Globalisierung auseinander.

Ebenso kritisch muss aber auch die Resonanz auf die Traditionsveranstaltung betrachtet werden: »Die Zahl der Anwesenden ist überschaubar«, sagte Bürgermeister Bruno Wollbrink. »Sind die Leute gleichgültig oder haben sie resigniert?«, fragte er vor rund 150 Zuhörern. Gerade in Zeiten wie diesen sei eine Rückbesinnung auf gesellschaftspolitisches Engagement wie in den frühen 70-er Jahren erforderlich.
Die Kapitalismus-Debatte sei längst überfällig. »Eigentlich geht es hierbei um eine Werte-Diskussion. Die Unternehmer müssen Verantwortung für das Gemeinwohl zeigen.« Die Stadt leiste ihren Beitrag als Arbeitgeber: Sie schaffe in diesem Jahr zwei zusätzliche Ausbildungsplätze.
Hauptredner Daniel Kreutz, Ex-Landtagsmitglied der Grünen und jetzt Referent beim Sozialverband Deutschland, ging mit den Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik hart ins Gericht: Neo-Liberalismus und Globalisierung seien nichts anderes als eine gewaltige Umverteilung von unten nach oben. Für die abhängig Beschäftigten bedeute dies im Gegensatz zu den »Wirtschafts-Ayatollas« »Kummer statt Hummer«. Während Deutschland erneut die Export-Weltmeisterschaft errungen habe, bliebe für die große Masse derer, die dazu beigetragen hätten, immer weniger vom Erlös übrig. »Wer ab 2020 in Rente geht, muss 36 Jahre lang einen Durchschnittsbeitrag entrichtet haben, um eine Rente auf Sozialhilfe-Niveau zu bekommen.«
Die paritätische Finanzierung der Sozialversicherungen sei geschleift worden, 1-Euro-Jobs stünden rechtlich Beschäftigungsverhältnissen in Gefängnissen nahe. »Soziale Sicherheit darf nicht zur Ware verkommen.«
Inge Höger-Neuling, Vorsitzende des DGB-Frauenausschusses, stellte die Schwächsten in den Mittelpunkt ihrer Ansprache: die Kinder. »Kinder zu haben, ist heute ein Armutsrisiko.« Durch Sozialabbau verrate die Politik die Interessen der Kleinsten, durch rücksichtslose Gewinn-Maximierung verkaufe die Wirtschaft deren Zukunft.

Artikel vom 02.05.2005