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Die Mädchen der Zukunft

Schülerinnen testen Männerberufe: »Girls' Day« kommt gut an

Gütersloh (wes). Dass einige Berufe noch in Männerhand liegen, ist nichts Neues. Eine Frau in einem Handwerksberuf ist eher die Ausnahme als die Regel. Der Girls' Day, den die Stadt Gütersloh jetzt zum dritten Mal initiierte, soll es richten: Junge Mädchen können einen Tag lang typische Männerarbeit antesten, um sich vielleicht dann später bei der Berufswahl einmal mehr für einen anderen Zweig als den der Frisörin, der Arzthelferin oder der Bürokauffrau zu entscheiden.

Bei der Firma Ebmeyer Werkzeugbau standen vier Mädchen vom Evangelisch Stiftischen Gymnasium an den Maschinen, die sonst ausschließlich von Männerhand bedient werden. Anna Kalinicenko (14) wollte sich einmal von Firmenchef Dirk Ebmeyer zeigen lassen, wie die Riesenmaschinen zur Herstellung von Autoteilen aus Metall denn funktionieren, wie sie zusammengebaut und zuvor konstruiert werden. Deshalb hat sie sich für den Girls' Day beworben, wie es in diesem Jahr 206 Schülerinnen getan haben. Alle Schulen sind in dieses Projekt involviert.
Die Firmen müssen von Inge Trame, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, oft in mühsamer Arbeit für dieses Vorhaben begeistert werden. Trame: »Es sind leider immer noch zu wenig Betriebe bereit, ihre Ausbildungsberufe an einem Tag vorzuführen und sie vor allem den Mädchen nahe zu bringen.« Das ist für Dirk Ebmeyer kein Problem: »Wir standen der Sache sehr offen gegenüber, da wir schon seit langem mehr Frauen in unserer Firma beschäftigen möchten, sich aber leider keine bewerben«, stellt der Firmenchef dar.
In Metallbetrieb finden 50 Beschäftigte täglich ihre Arbeit. Davon sind nur vier Frauen, zwei davon sogar im Büro. Der Beruf des Fachwerkmechanikers, Fachrichtung Werkzeugbau, kann in der seit 1971 bestehenden Firma gelernt werden. Auf gut 2000 Quadratmetern werden Folgeverbund- und Transferwerkzeuge hergestellt. Das heißt, dass die Firma Ebmeyer die Maschinen konstruiert und baut, die dann später zum Beispiel für Daimler Chrysler oder Volkswagen Autoteile produzieren.
Die jungen Mädchen dürfen an so einem Probetag natürlich nicht an die großen Projekte heran. Sie haben unter Aufsicht von Matthias Epkenhans ein Messingtürschild mit Namen gefertigt. »So lernen die jungen Frauen das Fräsen, Feilen und Bohren«, unterstellt Epkenhans den Schülerinnen, noch nie eine Bohrmaschine bedient zu haben. Anna Kalinicenko hat es tatsächlich noch nicht und machte auch beim Feilen keinen ganz glücklichen Eindruck. Anna: »Also mein zukünftiger Beruf ist das hier nicht«, äußert sie etwas verlegen, »aber ich weiß jetzt zumindest mal, was ein Fachwerkmechaniker macht«, so die 14-Jährige. Sie ist froh, an dem Girls Day teilgenommen zu haben. Und will vielleicht im kommenden Jahr mal einen anderen Beruf ausprobieren.
Der Girls' Day ist eine bundesweite Aktion, die Schülern aus der siebten bis zur zehnten Klasse aller Schulen angeboten wird. Der Mädchen-Zukunftstag, wie er auch genannt wird, findet in Gütersloh immer mehr Zuwachs. Bürgermeisterin Maria Unger ist darüber glücklich. »Sogar die Jungs beteiligen sich mittlerweile«, freut sich Unger. Sie testen an dem Girls' Day typische Frauenberufe, gehen in Kindergärten, in Frisörgeschäfte und erhalten einen Einblick in den Pflegedienst. »So wird es demnächst weniger Hebammen geben, dafür mehr Geburtshelfer«, wünscht sich auch Inge Trame.

Artikel vom 30.04.2005