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Die Ruhe auf dem Pferde-Rücken

Therapeutisches Reiten Wittekindshof: Vier Teilnehmer bestehen »Kleines Hufeisen«

Bad Oeynhausen-Volmerdingsen (AM). Für viele weltberühmte Reiter war das »Kleine Hufeisen« die erste Prüfung, in der sie bewiesen haben, was sie praktisch auf dem Rücken der Pferde und theoretisch über das Reiten gelernt hatten. Erstmals haben jetzt vier Reiterinnen und Reiter des Therapeutischen Reitens Wittekindshof die Prüfung zum Erwerb des »Kleinen Hufeisens-Reiten« in der Reitanlage Lohoff in Bad Oeynhausen-Volmedingsen erfolgreich abgelegt.

Rebecca Thees, Stefanie Rau, Imke Döring und Kai Thiele haben zunächst vor dem kritischen Blick der Richterin Caren Langemeier bewiesen, dass sie ihr Pferd nach Vorgaben der Reitpädagogin Sylvia Niemeier auf den Bahnfiguren lenken können. Neben den beiden Pflichtgangarten Schritt und Trab haben alle vier Reiterinnen und Reiter freiwillig auch den Galopp als dritte und schnellste Gangart gezeigt. Die Leistungen haben Caren Langemeier überzeugt. Sie musste nicht lange überlegen, ob alle die praktische Prüfung bestanden haben. Neben Lob für besonders guten Sitz oder gute Zusammenarbeit mit dem Pferd, gab die Richterin auch kleine Tipps mit auf dem Weg, damit jeder wusste, woran er arbeiten sollte, um noch besser zu reiten.
Die Mühe der vergangenen Wochen, in denen die Reitstunden nicht nur mit dem Training auf den Rücken der Pferde, sondern auch mit dem Lernen von Pferdekunde und Anatomie angefüllt waren, haben sich gelohnt. Caren Langemeier hat in der theoretischen Prüfung auf alle Fragen eine richtige Antwort bekommen, egal, ob es darum ging, die Einzelteile einer Trense zu benennen, Ellenbogen und Knie neben anderen Köperteilen am Tier zu zeigen oder den Fellunterschied zwischen einem Rappen und einem Fuchs zu beschreiben. Am Ende konnten alle die Urkunde und das Abzeichen in Empfang nehmen und haben schon angefangen, Pläne für das »Große Hufeisen« zu schmieden.
Die Diakonische Stiftung Wittekindshof bietet für Bewohnerinnen und Bewohner seit Sommer 2001 Heilpädagogisches Reiten und Voltigieren in der Reitanlage Lohoff in Bad Oeynhausen-Volmerdingsen an. Rund 90 Kinder, Jugendliche und Erwachsene bis ins Rentenalter hinein nehmen wöchentlich einmal an einem Angebot rund um das Pferd der beiden Reitpädagogen Sylvia Niemeier und Michael Rahmöller teil. Nur eine kleine Gruppe von Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernt das selbständige Reiten, wie die vier Absolventen des »Kleinen Hufeisens«. Für sie ist die Teilnahme an Turnieren oder am Wittekindshofer Reitertag ein besonderer Höhepunkt. Da die Turniere nach den Regeln von »Special Olympics«, die speziell für Menschen mit geistigen Behinderungen entwickelt wurden, ausgetragen werden, können jedoch auch Reiterinnen und Reiter an den Start gehen, die nur an der Longe oder geführt reiten können.
Für die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Therapeutischen Reitens steht die Beziehung zum Pferd im Mittelpunkt. Streicheln und Putzen, mit Möhren verwöhnen, oder einfach mit dem Tier kuscheln und reden sind für einige mindestens genauso wichtig wie die Zeit auf dem Rücken der Pferde. Sie erleben Vertrauen und Getragen werden in einer Intensität, wie sie es ihnen bisher oft unbekannt war. Die einen können sich so entspannen und finden auch innerlich Ruhe. Andere werden durch die Bewegung des Pferdes selbst in Trab gebracht und sind freiwillig zu sportlicher Aktivität bereit, die sie sonst am liebsten ganz umgehen.

Artikel vom 28.04.2005