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Strafanzeige
gegen den
Firmenchef

Streit bei Berg Mantelprofile

Von Stephan Rechlin
Gütersloh/Rietberg (WB). Die IG Metall stellt Strafanzeige gegen die Geschäftsleitung der Firma Berg Mantelprofilwerk GmbH. Dem Geschäftsführer, der Hauptgesellschafterin und dem Betriebschef wird vorgeworfen, den Betriebsratsvorsitzenden und dessen Stellvertreter zu nötigen.

In einem Aushang im Hauptwerk wurden der Betriebsratsvorsitzende Hans-Werner Settertubolte und sein Stellvertreter Peter Speit aufgefordert, bis zum heutigen Donnerstag, 16 Uhr, Aufhebungsverträge zu unterzeichnen. Ansonsten drohte Geschäftsführer Dr. Claus Schnell, das Rietberger Werk zu liquidieren. Die IG Metall sieht darin den Versuch, die Arbeit der gewählten Betriebsräte mit erpresserischem Druck massiv zu behindern und zu zerstören. Die Gewerkschaft bezieht die Strafanzeige auf den Geschäftsführer Dr. Schnell, auf die Hauptgesellschafterin Henrike Schnell und auf den Betriebsleiter Rolf Czogalla.
»Das Rietberger Werk bleibt erhalten, der Aushang ist längst verschwunden«, teilt Dr. Claus Schnell auf Anfrage mit. Der Aushang sei der verzweifelte Versuch gewesen, sich von einem völlig kompromisslosen und unflexiblen Betriebsrat zu trennen. Seit der Übernahme des angeschlagenen Werkes vor vier Jahren versuche Schnell, das Unternehmen zu restrukturieren. Dabei sei es nicht möglich gewesen, über alltägliche Fragen wie Überstunden oder die Vereinbarung von Betriebsferien eine Einigung zu erzielen. Nachdem Schnell in Gütersloh und Rietberg neue Unternehmen gegründet habe, habe der Betriebsrat beansprucht, auch für deren Mitarbeiter zuständig zu sein. »Da ist mir der Kragen geplatzt«, sagt der Geschäftsführer. Mit der Strafanzeige versuche die IG Metall nun, ein Exempel an ihm zu statuieren.
Die Berg-Gruppe beschäftigt 400 Mitarbeiter an fünf Produktionsstandorten in Rietberg, Gütersloh (Carl-Zeiss-Straße), Warburg, Recke und Rogozno (Polen). Mit der Herstellung von Mantelprofilen für die Möbelindustrie, als Fronten- und Systemlieferant erzielte Berg zuletzt einen Umsatz in Höhe von 62 Millionen Euro. Vor vier Jahren stand das 1971 von Gunther Berg gegründete Unternehmen kurz vor der Insolvenz. Ein bereits gestellter Insolvenzantrag wurde zurückgezogen, als die Frankfurter Firmengruppe Schnell das Mantelprofilwerk im September 2001 übernahm. Mit dem Verzicht auf 100 Stunden Freizeitausgleich und der Zustimmung zu einem Sanierungstarifvertrag trugen die Mitarbeiter mit rund 500 000 Euro zur Entlastung der Firma bei. Heute wollen die IG Metall und der Betriebsrat Stellung nehmen.

Artikel vom 28.04.2005