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Kasache gibt Schuss auf Geldboten zu

Schlamperei bei Ermittlungen

Von Uwe Koch
Pr. Oldendorf / Herford (HK). Der Todesschütze von Vlotho-Valdorf hat am Donnerstag vor dem Bielefelder Schwurgericht sein Schweigen gebrochen. Der Kasache Alexej B. (25) gab zu, den Hiddenhauser Geldboten Erwin T. erschossen zu haben.

Indessen wurden im Prozess gegen den Mann aus Pr. Oldendorf sowie gegen seine Komplizen aus Stemwede und Bad Oeynhausen Schlampereien in der Ermittlungsarbeit immer deutlicher.
B. hat demnach am Morgen des 12. November 2004 vor der Filiale Valdorf der Sparkasse Herford den 65-jährigen Geldboten Erwin T. mit zumindest einem Schuss getötet. Er erbeutete statt eines Geldbetrages von fast 50 000 Euro nur eine Tasche mit bankinternen Unterlagen sowie eine Goldmünze. Zur Flucht verhalf dem Kasachen sein Komplize Hassan I. (27). Hintermann der Tat soll der Bad Oeynhauser Ralf G. (41) gewesen sein. Staatsanwalt Christoph Macke hat das Trio des Mordes oder des Raubes mit Todesfolge (B.) sowie des gemeinschaftlichen Raubes angeklagt.
Über den Tatplan gibt es Differenzen zwischen allen Tatbeteiligten. Nach den bisherigen Ermittlungen war die 43-jährige Sabine G. als damalige Angestellte des Kurierdienstes DPD Auslöser der Tat. Die mittlerweile arbeitslose Frau gab gestern als Zeugin zu, mit Kraftfahrer Ralf G. beiläufig über ihre Arbeit gesprochen zu haben. Sie habe Wochen vor der Tat auch erwähnt, das die Geldbeträge, die sie mit Kollegen hin und wieder transportiere, »im Winter höher als im Sommer« seien.
Die seinerzeitige Lebensgefährtin des Ralf G., die Bad Oeynhausenerin Heike R., hatte den Kraftfahrer damals als »hoch verschuldet« bezeichnet. Über eine Tatplanung will sie keine konkreten Gespräche mitbekommen haben. Ralf G. dagegen hatte am ersten Prozesstag gestanden, die zu erwartende Beute habe gedrittelt werden sollen: je ein Anteil für sich und Heike R., für Sabine G. und ihren Lebensgefährtin sowie für die eigentlichen Täter B. und I.
Nicht auffindbar ist die Kleidung des Mordopfers Erwin T. Diese Textilien haben jedoch nach der gestrigen Aussage des Münsteraner Rechtsmediziners Dr. Gerhard Fechner eine erhebliche Bedeutung: Der Obduzent sprach gestern erstmals von einem »aufgesetzten Schuss«, der den Tod des Geldboten verursacht haben könnte. Ein Projektil sei von der Wange abgeglitten, habe das Schlüsselbein zertrümmert und Blutgefäße zerfetzt. Fechner schloss jedoch einen zweiten aufgesetzten Schuss nicht aus. Schmauchspuren müssten dann an der Kleidung des Opfers zu finden sein. Doch die Textilien sind derzeit verschwunden. - Der Prozess wird fortgesetzt.

Artikel vom 29.04.2005