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Als an der
Ampel ein
Zeiger hing

Nostalgische Kino-Matinee

Gütersloh (gpr). Erinnern Sie sich noch? - An die Hängeampel und das Kaufhaus WEKA, an die Weihnachtsbeleuchtung und eine Gaststätten-Szene, die es offensichtlich locker mit dem heutigen Angebot aufnehmen konnte: »Es gab eindeutig mehr Tanzlokale als heute«, blicken Lisa Surenhöfener und Birgitt Verleger auf die Fünfziger Jahre in Gütersloh zurück.
Anlass ist ein kleiner Werbefilm, der am Sonntag auf der Leinwand des Bambi-Kinos präsentiert wurde und auf dem Bildschirm in der Ausstellung »Schöne Aussichten - 125 Jahre Werbung für Gütersloh« noch bis zum 22. Mai im Stadtmuseum zu sehen ist. »Das Bild einer Stadt« zeichnete der engagierte Gütersloher Amateurfilmer Kurt Karrelmeyer 1959. Premiere hatte der Streifen im Zelt während der Michaeliswoche.
Es sind die Assoziationen mit einer - im Grunde noch gar nicht so fernen, aber doch anderen - Zeit, die der Film wach ruft: Er zeichnet das Bild einer Stadt, die zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs eine ungeahnte Blüte erlebte: Schornsteine rauchten, Baukräne drehten sich, das Geschehen in der Innenstadt war belebt durch Autoverkehr und - auch das ist groß im Bild - eine Hängeampel, die auf Rot und Grün per Zeiger hinwies. Der Autor des Films erlag auf ganzer Linie der Faszination »moderner Zeiten«, stellte ihnen aber doch liebevoll die Attribute ländlicher Heimat gegenüber: den von Pferden gezogenen Erntewagen, den Alten Kirchplatz oder die historische Hofstelle. Die Kommentare bleiben Anmerkungen zur Bilderfolge, beschwören Fleiß, Wirtschaftskraft, Schönheit und Sparsamkeit. Gerade dadurch gewinnt der Streifen allerdings eine zeitweilig geradezu rührende Authentizität.
Davon profitierte eindeutig die Stimmung der Veranstaltung im Bambi-Kino, die um eine Gesprächsrunde mit Zeitzeugen ergänzt wurde. Unterstützt von vielen Besuchern ließen neben Lisa Surenhöfener, damals Wirtin des »Türmers«, Birgitt Verleger, Eckart Grimm, Arno Piel und Barbara Weidler Erinnerungen Revue passieren - von der obligatorischen »Kneipentour« zur Michaeliswoche und dem »Brummochsentee« in der Sprottendiele bis zum Waschmaschinenbau, bei dem zu diesem Zeitpunkt noch Fassmacher Arbeit fanden.
Birgitt Verleger hatte noch zwei besondere Gäste ins Kino mitgebracht: Die Niederländer Berry van Eijk und Joop Josée waren Ende der Fünfziger Jahre 14 Monate in Gütersloh stationiert und verbrachten einen Teil ihrer Freizeit in der Gastwirtschaft Raumann am damaligen Ostring: »Da gab es hervorragendes Essen, das war für uns eine zweite Heimat«, erinnerten sich die beiden. Berry van Eijk war zum ersten Mal seit fast 50 Jahren wieder in Gütersloh und musste gestehen: »Ich habe kaum noch was wiedererkannt - aber es ist sehr schön hier.«
Die DVD »Gütersloh - das Bild einer Stadt« ist beim Verkehrsverein im Informationszentrum des Rathauses zum Preis von zwölf Euro zu erhalten.

Artikel vom 28.04.2005