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Bürger und Bilder berichten von damals

Weltkriegsende und Neuanfang: Gemeindearchiv und Heimatverein laden zur Ausstellung ein

Von Annemarie Bluhm-Weinhold
Steinhagen (WB). Steinhagen vor 60 Jahren - der Krieg ist zu Ende. Aber welche Zustände herrschen im Ort? Wie war das beim Einzug der Alliierten? Wie gingen die Amerikaner und später die Engländer mit den Bürgern um? Gab es genug zu essen? Waren viele Flüchtlinge zu versorgen? Wie funktionierte das mit der Entnazifizierung? All diese und zahlreiche weitere Fragen beantwortet jetzt eine Ausstellung im Rathaus.

»Krieg, Kriegsende, Neuanfang« heißt sie, und sie wird am kommenden Montag, 2. Mai, um 18 Uhr (nicht wie ursprünglich geplant am 4. Mai) eröffnet. Gemeindearchivarin Petra Holländer und der Heimatverein Steinhagen haben sie konzipiert und vorbereitet. Aber sie wollen nicht nur alte Fotos und weitere historische Dokumente sprechen lassen - auch Zeitzeugen werden zu Wort kommen. Zur Eröffnung ist eine Gesprächsrunde geplant, an der unter anderem Elly Barteldrees, die damals in der Firma Heitmann & Wittler angestellt war, Helmut Dellbrügge, der als Soldat zurückkehrte, und Friedrich Wilhelm Dickenhorst, der das Kriegsende in Brockhagen miterlebte, teilnehmen. Am Mittwoch, 18. Mai, gibt es um 15 Uhr dann ein weiteres Gespräch mit Steinhagenern, die sich an damals erinnern.
Drei Wochen lang wird die Ausstellung während der normalen Öffnungszeiten im Foyer des Ratssaales zu sehen sein. »Es geht zwar vor allem um das Kriegsenede, aber ein bisschen werfen wir auch noch den Blick zurück in den Krieg«, erklärt die Gemeindearchivarin im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Vor allem der Steinhagener Helmut Dellbrügge hat einen riesigen Beitrag zur Ausstellung geleistet und zahlreiche Tafeln mit unzähligen Fotos zur Verfügung gestellt.
Petra Holländer hat, basierend auch auf ihren Arbeiten von vor zehn Jahren zum 50. Jahrestag des Weltkriegsendes, weitere Dokumentationstafeln zusammengestellt. Und zwar zu vier Bereichen. Zum einen zum Weltkriegsende in Steinhagen und den Ortsteilen. Da ist etwa auch nachzulesen, wie das war, als am Tag nach Ostern die Amerikaner in Amshausen Einzug hielten. Eckart Enkemann erinnert sich etwa, dass die Alliierten mit einem Fahrzeug mit Flakgeschütz auf den Hof fuhren, dass sie den Kuchen aufaßen, den die Mutter für die Festtage gebacken hatte und dass sie bei der Hausdurchsuchung Wein- und Apfelmostflaschen zerschlugen.
Zweiter Themenkomplex sind die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter, über die Petra Holländer schon 1995 umfangreich im Haller Archiv geforscht hatte. Zum dritten beleuchtet sie den Krieg in Steinhagen. Zuletzt geht es dann natürlich auch um den Neuanfang - und der war unter anderem mit dem Thema Entnazifizierung verbunden. Dankbar ist die Gemeindearchivarin heute noch für das umfangreiche Material, das ihr der Steinhagener Hanns Refardt vor zehn Jahren dazu zur Verfügung gestellt hatte und das sie jetzt ein weiteres Mal zeigt.
Archivarin und Heimatverein sind froh über die Unterstützung, derer sich ihr Projekt erfreute. So hat auch der Amshausener Erich Wehmeier beim Zusammentragen des Materials geholfen. So hat Lehrer Johannes Illenseer eine Dokumentation über die Jugend in der Nachkriegszeit, einst mit einer Klasse erarbeitet, zur Verfügung gestellt, und Heimatvereins-Vorstandsmitglied Udo Waschkowitz hat zwei weitere Ausstellungstafeln zum Neuanfang gestaltet - Themen etwa: das Hamstern sowie die »Mode« aus umgearbeiteten Wehrmachtshemden und Mänteln.

Artikel vom 27.04.2005