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Drogendealer verteilt Visitenkarten

»Geschäftsmann« zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt


Von Hubertus Hartmann
Delbrück / Paderborn (WV). Dümmer als die Polizei erlaubt: ein Dealer, der für seinen »Drogen Home- und Bringservice« mit Visitenkarten wirbt, auf denen nicht nur Adresse und Telefonnummer stehen. Der 36-jährige Simon B. hatte auf die farbigen Kärtchen auch ein Portraitfoto drucken lassen und der Kripo das Fahndungsbild gleich mit geliefert. Über seine Dummheit kann er jetzt drei Jahre und zehn Monate hinter Gittern nachdenken.
Der Geschäftsmann aus dem Ruhrgebiet war der Polizei Ende November in Delbrück ins Netz gegangen. Dort hatte der arbeitslose Betonbauer 20 Jahre lang gelebt. Der Mann mit dem Rucksack war abends um 22.30 Uhr auf dem Weg zu einem Kunden, als eine Zivilstreife Verdacht schöpfte. Eigentlich suchten die Beamten einen Autoknacker. »Aber bei der Überprüfung der Personalien stieg aus dem Rucksack derart intensiver Marihuana-Geruch auf, dass wir natürlich gleich nachgeschaut haben«, erinnert sich der Fahnder.
Einen derart gut sortierten Laden habe er selten gesehen: Haschisch, Ecstasy, Speed und Pep - alles dabei. Dazu Rauchutensilien, eine Feinwaage, ein Pillenzerkleinerungsgerät, 2424 Euro Bargeld und die besagten Visitenkarten. »Jede Art von Drogen vorrätig«, machte der Rauschgifthändler Reklame in eigener Sache. Bei der Hausdurchsuchung in Waltrop fand die Polizei weitere Drogen im Schwarzmarktwert von insgesamt gut 40 000 Euro.
»Ich bin wahrscheinlich der dümmste Dealer Deutschlands«, gestand Simon B. einem Zellengenossen in der Untersuchungshaft.
Im Prozess vor dem erweiterten Schöffengericht versuchte der Angeklagte gestern den Eindruck des naiven Kleindealers zu erwecken, der mit den Geschäften lediglich seinen Eigenbedarf finanziert habe. »Den Stoff habe ich von einem Albaner aus Dortmund bekommen und praktisch zum Einkaufspreis weiter gegeben.« Noch aus der Haft heraus hatte der wegen Rauschgift vorbestrafte Mann allerdings versucht, Schulden bei Kunden einzutreiben.
»Wollen sie uns hier eigentlich auf den Arm nehmen?« schüttelte Staatsanwalt Henrik Dahnke verärgert den Kopf. »Die Vermutung, dass er in ganz erheblichem Umfang gedealt hat, liegt auf der Hand.«
Der Angeklagte sei sowohl dreist als auch dumm, meinte der Richter. »Auf jeden Fall ist es selten töricht, für einen Drogenhandel Visitenkarten zu verteilen.«

Artikel vom 27.04.2005