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Dr. Arno Risken:
Klageschrift ist 80 Seiten dick

Beihilfe zu Betrug und Steuerhinterziehung

Von Oliver Horst
Versmold (WB). Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Betrug in einer Vielzahl von Fällen werden Dr. Arno Risken, dem ehemaligen geschäftsführenden Gesellschafter der Stockmeyer-Gruppe, vorgeworfen. In Kürze soll sich der 62-jährige Versmolder vor dem Landgericht Bielefeld verantworten müssen. Die Betrugsfälle bewegen sich laut Oberstaatsanwalt Klaus Pollmann in einer Größenordnung von 560 000 Euro, bei den Fällen der Steuerhinterziehungen geht es um 800 000 Euro.

Die 80-seitige Klageschrift sei dem Beschuldigten, der sich von den Bielefelder Anwälten Mirko Roßkamp und Ralph Niemeier sowie dem renommierten Strafverteidiger Prof. Dr. Franz Salditt (Neuwied) vertreten lässt, inzwischen zugestellt worden. Die Schwerpunktabteilung für Wirtschaftskriminalität der Staatsanwaltschaft Bielefeld wirft Risken vor, von den Machenschaften des in einem abgetrennten Verfahren verfolgten Unternehmers Josef Besselmann gewusst und ihn dabei unterstützt zu haben. Risken sei über die Stockmeyer-Beteiligungsgesellschaft zu 45 Prozent an Besselmanns Beelener Dienstleistungsfirma »J.B. Quality Consult« beteiligt gewesen. Das Beelener Unternehmen habe Reinigungsarbeiten bei Firmen der Stockmeyer-Gruppe durchgeführt.
»Bei Quality Consult sind zwischen März 1998 und Januar 2003 Scheinrechnungen verbucht worden. Sinn dieser Luftbuchungen war es, den Lohn der Arbeitskräfte, die auch Sonderschichten gemacht haben, als Betriebsausgaben zu deklarieren. So wurden die Arbeitnehmer ohne die Zahlung von Lohnsteuer und Sozialabgaben beschäftigt«, erklärt Klaus Pollmann. Dieses System habe zur Verschleierung gedient, um die Arbeitskräfte mit Schwarzlöhnen zu bezahlen. Zudem sei den Finanzbehörden ein Schaden entstanden, indem die auf den Scheinrechnungen ausgewiesene Mehrwertsteuer von der Reinigungsfirma beim Vorsteuerabzug geltend gemacht worden sei.
Nach der Zustellung der Anklage kann sich der Beschuldigte jetzt zu den Vorwürfen äußern. Im Anschluss sei mit der Terminierung einer Hauptverhandlung vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Bielefeld zu rechnen, erklärt Pollmann. Möglicherweise komme es bereits im Sommer zum Prozess. Das Verfahren gegen Josef Besselmann sei abgetrennt worden und werde separat weitergeführt. Auch gegen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer führe die Staatsanwaltschaft weitere Verfahren. Die Sozialversicherungskassen und die Finanzbehörden dürften ihre Ansprüche bereits durch abgeänderte Steuerbescheide und weitere Maßnahmen angemeldet haben.
Das Strafgesetzbuch und die Abgabenordnung sehen für die Fälle von Betrug und Steuerhinterziehung Geldstrafen oder eine Freiheitsstrafe in der Summe von bis zu 15 Jahren vor. Pollmann erklärt aber, dass im Falle einer Verurteilung Riskens und einer komplikationslosen Verhandlung eher mit einer Strafe im unteren Bereich zu rechnen sei. Eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren kann zur Bewährung ausgesprochen worden. Längere Haftstrafen müssten verbüßt werden. Dr. Arno Risken hatte seit der Durchsuchung der Geschäftsräume am Firmensitz in Bad Rothenfelde am 18. Februar 2003 für mehr als vier Monate in Untersuchungshaft gesessen. Am 1. Juli war er gegen Hinterlegung einer Kaution in Höhe von zwei Millionen Euro auf freien Fuß gesetzt worden.

Artikel vom 28.04.2005