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»Das darf sich nie wiederholen«

Schüler des Berufskollegs diskutieren Film »Das Goebbels-Experiment«

Von Alexandra Rüther
Brakel (WB). Joseph Goebbels (1897-1945) hat den NS-Staat als »Markenzeichen« überlebt. Sein Name steht auch heute noch für hemmungslose, zynische und zumindest zeitweise erfolgreiche Propaganda. Genau 60 Jahre nach dem Kriegsende 1945 haben sich jetzt junge Berufsschüler mit der Wirkung des Nazi-Propagandaministers auseinander gesetzt.

In der Fachoberschulklasse 12 des Adolph-Kolping-Berufskollegs, Fachrichtung Sozialwesen, war der Kinofilm »Das Goebbels-Experiment« jetzt Abschluss der Unterrichtsreihe über Nazis, die NS-Politik und heutige Neonazis.
Den Auftakt der Reihe bildete der 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Jetzt sprachen die Schüler über Goebbels. Sie erarbeiteten sein Verhältnis zu Hitler, zu den Juden oder Goebbels' Bild als Politiker.
In der Diskussion entstand das Bild eines im Grunde genommen schwachen Menschen, der nach außen zwar absolut von sich überzeugt war, der aber zwischen Weltschmerz, Selbstmitleid, Vernichtungswut und politischer Ekstase hin- und herschwankte.
Der Film baut ausschließlich auf die Tagebücher, die der einstige Propaganda-Minister von 1924 bis 1945 ununterbrochen und exzessiv führte. Auf jeden Kommentar wird verzichtet, nur Goebbels selbst spricht. »Wenn man nicht das nötige Hintergrundwissen über die damalige Zeit hat, dann verharmlost der Film die Ereignisse«, so die Meinung der Schüler. Schließlich habe Goebbels das, was er vertreten habe, ja auch nicht als schlimm empfunden. »Als Ergänzung ist der Film gut, aber er kann nicht die damalige Zeit erklären«, so die Einschätzung.
Regisseur Lutz Hachmeister sagt dazu: »Die Grundidee, auf der Textebene nur mit den Tagebüchern zu arbeiten, steht für sich und hat seine eigene Logik. Richtig ist, dass der Film einiges voraussetzt. Für mich wäre eine konventionelle Erzählweise nicht infrage gekommen, mit Zeitzeugen, Experten, Archivausschnitten - weil mich das schlicht gelangweilt hätte. Da hätte die Fallhöhe, der dramaturgische Reiz gefehlt.«
Die Schüler des Berufskollegs sahen das teilweise anders. In der Diskussion fiel auch einmal das Stichwort »langweilig«, weil der Film eben nur Goebbels Sicht erzähle. Alle waren sich aber einig darin, dass es wichtig sei, auch 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges immer wieder über die NS-Zeit zu sprechen. Damals wie heute gelinge es, Menschen zu fesseln mit Reden ohne Inhalte. Die heutige Generation lebe mit der Erfahrung des Krieges und trage deshalb die Verantwortung dafür, dass so etwas nie wieder geschehe.
»Das Goebbels-Experiment« läuft noch einmal im Bad Driburger Kino, und zwar von Donnerstag, 28. April, bis Sonntag, 1. Mai, jeweils um 19 Uhr.

Artikel vom 27.04.2005