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Klangschön und wunderbar durchgeformt

Von der Renaissance bis ins frühe 20. Jahrhundert - Konzert der Westfälischen Kantorei

Von Monika Stockhausen
Vlotho (VZ). Chormusik von der Renaissance bis ins frühe 20. Jahrhundert konnte man in der St.-Stephans-Kirche in Vlotho erleben: Im Rahmen der festlichen Konzerte im Jubiläumsjahr der Kantorei an St. Stephan gastierte einer der bedeutendsten Kammerchöre der Region, die von Professor Hildebrand Haake geleitete Westfälische Kantorei.

Die rund 40 Sängerinnen und Sänger dieses Kammerchores, der sich überwiegend aus Studierenden der Hochschule für Kirchenmusik der Evangelischen Kirche von Westfalen zusammensetzt, eröffneten das Konzert mit einer der schönsten doppelchörigen Motetten von Johann Sebastian Bach, »Fürchte dich nicht, ich bin bei dir«, BWV 228. Die freudige Botschaft der Glaubenszuversicht, die hier in so kunstvolle kompositorische Formen gefasst ist, stellten die Gäste aus Herford klangschön und wunderbar plastisch durchgeformt dar.
Auch beim Weg zurück in die polyphone Klangwelt des Frühbarock und der Renaissance mit Motetten von Tomas Luis da Vittoria (»Ave Maria«, »Nigra sum«, »Ardens est cor meum«), Juan Gines Peres (»Gloria laus«) und Giovanni Perluigi da Palestrina (»O beata et gloriosa Trinitas«) blieben die Sängerinnen und Sänger den Werken nichts schuldig.
Eine wirkliche Herausforderung für jeden Chor stellt jedoch die in den Jahren 1922 bis 1926 entstandene doppelchörige Messe von Frank Martin dar. Denn dieses Stück verbindet die Elemente des französischen Impressionismus mit Techniken neuer Musik. Zudem ist die Umsetzung der Worte des Messetextes in eine adäquate musikalische Aussage dem Schweizer Komponisten eindrucksvoll gelungen. Nur ein Beispiel von vielen: Im »Credo« wird das Bekenntnis zur Auferstehung nicht gleich vom vollen Chor mit großem Gepränge und Getöse vorgetragen, sondern eher diskret und zurückhaltend von den Frauenstimmen, die ja auch in den Evangelien die ersten Überbringerinnen der Botschaft waren.
In himmlische Sphären wurde der Zuhörer im »Sanctus« entrückt, das mit kühner Harmonik sowie Polyrhythmik eine nahezu überirdische Intensität entwickelt, die auch vom Chor sehr packend umgesetzt wurde. Die Sängerinnen und Sänger wurden von Hildebrand Haake zu einer eindrücklichen, textverständlichen wie klanglich ausgefeilten Interpretation des komplexen Werkes geführt.
Kompositionen von Heinrich Scheidemann, Orlando Gibbons, Johann Caspar Ferdinand Fischer, Johann Sebastian Bach und Bo Groenbeck, von Egbert Schoenmaker an der Orgel zupackend und nuancenreich gestaltet, ergänzten das reichhaltige Konzertprogramm, das mit viel Beifall aufgenommen wurde.

Artikel vom 26.04.2005