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»Gütersloh ist für mich abgehakt«

Walter Eberling darf in Paderborn bauen - Warnung vor Hinterzimmer-Prostitution

Von Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). Walter Eberling darf sein Erotik-Center bauen. Allerdings in Paderborn, nicht in Gütersloh. Ausgerechnet die erzkatholische Stadt erlaubt dem ehemaligen Boxer den Betrieb eines Bordells im Gewerbegebiet an der Haller Straße. Darum hatte sich Eberling in Gütersloh zwei Jahre lang vergebens bemüht.

»Gütersloh ist für mich abgehakt«, sagt Eberling, der 300 000 Euro in das neue »Erotik-Paradies« in Paderborn investierte. Das »Paradies« hat 30 Zimmer und ein Bistro. Die dort »arbeitenden« Frauen mieten die Zimmer von Eberling und teilen sich ihre »Dienstzeiten« selbst ein. Seit Verabschiedung des »Gesetzes zur sozialen und rechtlichen Besserstellung von Prostituierten« im Jahre 2001 ist Prostitution nicht mehr sittenwidrig. Seitdem können sich die Frauen nicht nur sozialversichern, sie können ihren Lohn auch vom Kunden einklagen. Im Arbeitsrecht werden dem Arbeitgeber abhängig Beschäftigter nur eingeschränkte Weisungsrechte zugestanden: Er darf von einer Prostituierten zwar Anwesenheitszeiten verlangen, sie aber nicht zum Verkehr mit bestimmten Kunden zwingen.
Zuhälter haben in Eberlings »Paradies« keinen Zutritt. Eine Videoanlage überwacht die Flure und Zimmereingänge. »Zwei Tage nach Eröffnung kam der Zoll und riegelte alles ab. Sämtliche Frauen wurden auf ihre Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis hin geprüft. Es gab nichts zu beanstanden«, teilt Eberling mit. Im Oktober 2004 wurde Eberling zu einer Bewährungsstrafe wegen Einschleusens von Ausländerinnen verurteilt. »Die Pässe der Frauen waren gefälscht. Das hatte ich nicht gewusst«, sagt er. Für die Stadt Paderborn war dieses Urteil kein Grund, die Baugenehmigung zu verweigern. »Herr Eberling unterhielt im Gewerbegebiet bereits ein anderes Etablissement. Dort blieb es ruhig. Das Ordnungsamt verzeichnete keine nennenswerten Vorkommnisse«, teilt Jens Reinhard aus dem Presseamt der Stadt mit.
In Gütersloh musste Eberling bisher für zwei Baugenehmigungen bezahlen, ohne dass er bauen durfte. Die Stadt habe ihn ausgebremst, weil sie kein offen geführtes Bordell wünsche. Ein Fehler, wie Eberling versichert: »Ich hatte inzwischen mehrere Anfragen interessierter Investoren, ob ich mit Gütersloh ÝdurchÜ sei. Für sie ist der Markt hochinteressant. Sie haben genau beobachtet, wie die Stadt mit mir umgesprungen ist und werden sich vermutlich auf keine Verhandlungen mehr einlassen«, kündigt Eberling an. Der Stadt rät er, einen Runden Tisch zur Prostitution einzuberufen, der über Qualitätsstandards für Bordelle in der Stadt beraten solle: »Oder will die Stadt die Hinterzimmer-Prostitution weiter ignorieren?« Kämmerer Dr. Klaus Wigginghaus rät davon ab, sich weiter mit diesem Thema zu befassen. Sonst wecke man nur noch »schlafende Hunde.«

Artikel vom 26.04.2005