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Zwei gallische Dörfer gegen FFH

73 Klagen der IG Sennebäche haben die Zulassungshürde jetzt übersprungen

Von Monika Schönfeld
(Text und Fotos)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Die Sammelklage der Interessengemeinschaft Sennebäche gegen die Ausweisung von FFH-Schutzgebieten an den Sennebächen hat die Zulassungshürde übersprungen. Der Rechtsvertreter der 73 Kläger, Dr. Horst Glatzel, hat am Freitag Abend berichtet, dass sich die Richter am Europäischen Gerichtshof mit dem Inhalt der Klagen beschäftigen werden.

Die Kläger wehren sich gegen die Ausweisung der Sennebäche als FFH-Gebiet, da sie die von der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten NRW (LÖBF) gemeldeten tierischen und pflanzlichen Lebensformen in ihrem Gebiet nicht vorfinden. Sie befürchten, dass ihre Grundstücke, vorwiegend Landwirtschaft aber auch gewerblich genutzt, erheblich im Wert sinken. Mehr noch: Durch das so genannte Verschlechterungsverbot könnten den Besitzern Verfahren drohen - von der Ordnungswidrigkeit bis zur Straftat. Das und die Verträglichkeitsprüfung, die bei jeder Bau- oder Nutzungsmaßnahme eingereicht werden müsse, beschränken die Nutzung der Grundstücke und die in der Umgebung von bis zu 500 Metern.
Glatzel berichtete, dass die Gebiete Haustenbach, Sennebäche und Holter Wald in die im Dezember veröffentlichte Gemeinschaftsliste aufgenommen wurden. Zwei nationale Klagen sind beim Verwaltungsgericht Minden eingereicht worden - von der IG Haustenbach und von der IG Sennebäche. Die Klagen der Haustenbacher seien bis vorm Bundesverwaltungsgericht nicht angenommen worden - mit dem Verweis, man müsse den Prozess in Brüssel abwarten. Da sich aber im Januar die Gemeinde Hövelhof angeschlossen habe, könne die Sammelklage ausgeweitet werden auf die Verletzung der Planungshoheit der Kommunen. Darin sieht Glatzel eine Chance, die Klage erneut auf den Tisch der Gerichte zu bringen. Hövelhofs Bürgermeister Michael Berens: »Wir sind zwei gallische Dörfer, die nicht aufgeben zu kämpfen«.
Das Verfahren, das die IG Sennebäche angestrengt hat, ist von den deutschen Gerichten ebenfalls abgewiesen worden. Seit dem 7. Dezember, Zeitpunkt der Listung, darf keine Verschlechterung der möglichen FFH-Gebiete mehr erfolgen. Sowohl im Eilverfahren als auch in der Hauptsache werden sich die Richter in Luxemburg jetzt aber der Klagen annehmen, berichtete Glatzel. Der Aufwand sei gigantisch: In zehnfacher Ausfertigung müsse die 281 Seiten starke Klageschrift eingereicht werden, dazu 1000 Seiten Anlagen. Die einzelnen Kläger sind erneut gefordert: Sie müssen eine genaue Platzierung ihrer Parzelle angeben, wie sie im oder außerhalb des geplanten FFH-Gebiets liegen und wie sie den möglichen Schaden dadurch beziffern. Glatzel betonte, dass im Hauptsacheverfahren weitere Kläger zugelassen sind. Der Rechtsanwalt, ehemaliger Ministerialdirektor im Bundesaußenministerium, sagte, dass Umweltministerin Bärbel Höhn einen »galanten Taschenspielertrick« vollführt habe. Sie habe die von der LÖBF aufgestellten Gebiete nach Brüssel weiter gemeldet, ohne die 400 eingereichten Bedenken zu erwähnen. Die Europäische Union sei davon ausgegangen, dass die Gebiete nicht umstritten sind. Das Gutachten, das die von der LÖBF festgestellten Lebensformen widerlegt, sei nicht berücksichtigt worden.
Bürgermeister Hubert Erichlandwehr berichtete am Beispiel des Holter Waldes, wie Stadt und Besitzer mit detaillierten Karten Mitarbeitern der LÖBF widerlegt haben, dass die von ihr angegebenen Lebensformen vorkommen. Das FFH-Gebiet Holter Wald sei dann auf ein Drittel geschrumpft. »In NRW werden FFH-Gebiete zwingend Naturschutzgebiete. Das ist dem Eigentümer des Holter Waldes schmackhaft gemacht worden. Die Stadt ist dabei, den Wunsch des Eigentümers, den ganzen Holter Wald zum FFH-Gebiet zu erklären, zu unterstützen. Damit erhalten wir die Chance, Wander- und Radwege dauerhaft zu erhalten.«

Artikel vom 25.04.2005