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Satire auf Kulturbetrieb

Daniel Kahlmann bekommt Mindener Candide-Preis

Von Hartmut Horstmann
Minden (WB). Daniel Kehlmann (30) erhält den zweiten Mindener Candide-Preis. Damit sei erneut ein Autor mit Perspektive gefunden worden, betont Dr. Gerd Voswinkel vom Literarischen Verein der Weserstadt. Gleichzeitig gibt es Bestrebungen, den Charakter der Auszeichnung deutlich auszuweiten.
Daniel Kehlmann

Der mit 7500 Euro dotierte Literaturpreis wird von privater Hand aufgebracht. Der Namensgeber, die Voltaire-Figur Candide, stellt den Brückenschlag zur französischen Kultur her, was für die Zukunft der Auszeichnung programmatisch sein soll. Laut Voswinkel stehen die Chancen gut, aus dem Candide-Preis den »ersten deutsch-französischen Literaturpreis« zu machen. Ideen zur Ausgestaltung der Auszeichnung existieren bereits. So stellt sich Voswinkel vor, den Preis abwechselnd an einen deutschen und französischen Autor zu verleihen. Zur Preissumme könne eine literarische Übersetzung in die jeweils andere Sprache kommen.
Noch ist die in Minden angedachte deutsch-französische Kulturverbindung Zukunftsmusik, unmittelbar vor der Tür steht die zweite Verleihung des Candide-Preises am 1. Mai im Preußen-Museum. Lobende Worte und 7500 Euro nimmt mit Daniel Kehlmann ein Autor in Empfang, der bereits fünf Romane veröffentlicht hat.
Besonders amüsant und kurzweilig fällt »Ich und Kaminski« aus - ein Buch voller Seitenhiebe auf den Kunstbetrieb und eine bestimmte Form von Journalismus. Ein junger Mann, Sebastian Zöllner, träumt vom großen Coup. Mit einer Biografie des Malers Kaminski will er in die Kunstgeschichte eingehen, er träumt von Ruhm und Talk-Shows. Doch das vermeintliche Opfer, der alte, scheinbar hilflose Künstler, dreht den Spieß um, ohne dass der großkotzige Möchtegern-Biograph dies merkt. Bereits beim ersten Zusammentreffen wird klar, dass opportunistische Kulturfloskeln bei Kaminski auf keinen Resonanzboden treffen. Auf die Behauptung, seine Bilder hätten die Art verändert, die Dinge zu sehen, sagt der Maler entschieden: »Aber das stimmt doch nicht.« Und Zöllner muss einräumen: »Natürlich stimmte das nicht. Aber ich habe noch nie einen Künstler getroffen, der diesen Satz nicht glaubte.«
Es sind die entlarvend-satirischen Elemente in dem Roman, die den in Wien lebenden Daniel Kehlmann zum Candide-Preisträger geradezu prädestinieren. Die nominierten Autoren sollten dem Geist Voltaires nicht völlig fern stehen, erläutert Gerd Voswinkel. Kehlmann stehe für ein ironisches Umgehen mit der Wirklichkeit.

Artikel vom 25.04.2005