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»Mehr Kohle für die Bildungstatt Kohle für die Kohle«

Für Joachim Schultz-Tornau (FDP) ist das neue Schulgesetz in NRW nicht mutig genug

Wenige Wochen vor der Landtagswahl in NRW am 22. Mai stellte sich der FDP-Kandidat im hiesigen Wahlkreis, Joachim Schultz-Tornau, zum Gespräch mit der WB-Redaktion. Schultz-Tornau nimmt Stellung zu den wichtigsten Fragen des Wahlkampfes.

Name:Schultz-Tornau
Vorname: Joachim
ParteiFDP
Geburtsdatum:04.03.1943
Geburtsort:Metz/Lothringen
Familienstand:ledig
Beruf:Jurist, 1981 bis 1985 Rechtsdezernent der Stadt Lage, seit 1995 Unternehmensberater
politische Stationen: von 1985 bis 1995 sowie seit 2000 Mitglied des Landtages, zuletzt Vorsitzender des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung des Landtages
Wahlkreis:Altkreis Halle/Bielefeld
Parteiämter:Von 1990 -1996 FDP-Bezirksvorsitzender, 1994-1996 Vorsitzender FDP-Landesverband , 1995-1997 Mitglied des Präsidiums der Bundes-FDP.
sonstige Ämter:Vorsitzender des Musikvereins Bielefeld und der Deutsch-Japanischen Geselllschaft
Joachim Schultz-Tornau hofft, dass am 22. Mai die Pferde gewechselt werden und die FDP mit der CDU in Regierungsverantwortung kommt.
Zur WirtschaftsbelebungWenn man eine Kuh melken will, also von der Wirtschaft etwas erwartet, muss man der Kuh vorher zu saufen gegeben haben. Dazu brauchen wir steuerliche Rahmenbedingungen, die es attraktiv erscheinen lassen, auch in NRW zu investieren. Die FDP wirbt für ein vereinfachtes Steuersystem mit Sätzen von 15, 25 und 35 Prozent. Das hatten wir schon lange beschlossen, bevor es Herr Merz vergeblich versucht hat, es in der CDU durchzusetzen.

Zum ArbeitsmarktUns lieber ist es lieber, jemand ist leichter kündbar als dass er gar keinen Arbeitsplatz hat, weil ein mittelständischer Betrieb Angst hat ihn einzustellen. Wir brauchen Deregulierung: Nicht so sehr die Arbeitsplatzbesitzer schützen, sondern dafür sorgen, dass mehr Menschen in Arbeit kommen.

Zum Bürokratieabbau Wir müssen die kaum noch überschaubare Fülle von Verordnungen zurückführen auf das notwendige Maß. Selbst wenn jemand einen umweltfreundlichen Betrieb schaffen will, dauert es ellenlang bis alle Behörden ihre Zustimmung dazu gegeben haben. Das beschädigt die Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft.
Das Projekt Bürokratieabbau in OWL ist vor allem an den Bedenkenträgern in Berlin und Düsseldorf gescheitert. Die FDP hingegen wollte das in dieser Region erarbeitete Konzept umsetzen. Das zeigt: Wenn wir die Chance hätten, würden wir etwas ändern.
Wo wir sofort die Axt ansetzen würden, wäre der ausufernde Unterbau des Höhn-Umweltministeriums. Das sind ja x Sonderbehörden. Hier sind ja mehr Leute für Frau Höhn tätig als für die gesamte Wirtschaftsförderung in NRW, in einem Verhältnis von 3:1.

Zum »goldenen Zügel«Das Prinzip des »goldenen Zügels«, nach dem Gemeinden vom Land geködert werden, indem sie hohe Zuschüsse bekommen, wenn sie bestimmte Maßnahmen betreiben, gehört abgeschafft. Das führt nämlich dazu, dass bestimmte Maßnahmen, die nach eigenem Sachverstand als nicht sinnvoll angesehen werden, trotzdem durchgeführt werden. Gleichzeitig unterbleibt eine vor Ort erachtete sinnvolle Maßnahme, weil sie nicht bezuschusst wird. Vieles ist vor Ort besser zu beurteilen als in Düsseldorf.

Zur SchulpolitikDie FDP wird keine neue Schulstruktur-Debatte anstrengen wie es die Grünen vorhaben. Es wäre völlig unsinnig, wenn man aus unserem gegliederten Schulwesen eine, so die Grünen, »Schule der Vielfalt« machte, die in Wahrheit eine einheitliche Schule für alle wäre. Das würde einen absolut kontraproduktiven Schulkampf in NRW herauf beschwören. Und die SPD will das Thema möglichst aus dem Wahlkampf heraushalten. Die FDP hält es für besser, im bestehenden Schulsystem dafür zu sorgen, dass die Leistungen besser werden.
Wir sind für mehr Freiheit in der Schule. Es kommt mehr darauf an, was hinten rauskommt, als dass man im Einzelnen die Schritte vorschreibt. Je mehr Autonomie eine Schule hat, desto mehr brauche ich an Leistungskontrollen und Prüfungen für alle Schulformen. Die FDP hätte auch kein Problem damit, Ergebnisse zu veröffentlichen. Im Gegensatz zu der Geheimniskrämerei, die zur Zeit betrieben wird. Denn die Eltern machen Druck, wenn die Ergebnisse nicht gut sind.
Wichtig ist uns die Individualisierung, um den Schüler stärker in die Verantwortung zu nehmen. Dafür sollen Lernziele vereinbart und stärker als bisher selbst erarbeitet werden.

Zum UnterrichtsausfallDas kürzlich im Landtag verabschiedete Schulgesetz hat die FDP abgelehnt, weil es insgesamt nicht mutig genug ist. Wir brauchen vor allem eine vernünftigere Ausstattung der Schulen in NRW. Es kann nicht sein, dass Unterricht immer noch im erheblichen Umfang ausfällt. Man muss sich nicht wundern, dass Kinder aus Süddeutschland bessere Ergebnisse haben, weil die deutlich mehr Unterricht bekommen als in NRW. Man verschleiert hier Unterrichtsausfall, indem man von vorneherein nur soviel Unterricht gibt, wie es gerade noch zulässig ist. Wir bewegen uns in NRW am unteren Rande dessen, was die Kultusministerkonferenz überhaupt erlaubt. Wir brauchen mehr Lehrer. Aber wir geben immer noch Milliarden für die Kohle aus. In diesem Sinne ist unser Motto: Mehr Kohle für Bildung statt Kohle für Kohle.

StudiengebührenWir haben in NRW bereits Gebühren von 650 Euro je Semester für Langzeitstudenten, was dazu geführt hat, dass 20 Prozent der Studierenden aufgehört haben. Die FDP setzt sich ein für die Möglichkeit allgemeiner Studiengebühren, wobei ich meine Skepsis nicht ganz verbergen will. Aber die Universitäten sollen selbst entscheiden, ob sie in einem angemessenen Umfang Studiengebühren erheben wollen oder nicht. Voraussetzung dafür ist, dass ein Stipendien- und Darlehensystem aufgebaut wird, damit niemand aus sozialen Gründen nicht mehr studieren kann. Die gesamten Einnahmen sollen bei der Hochschule verbleiben und ausschließlich der Verbesserung der Lehre dienen.

Zu den WahlaussichtenEs gibt bei dieser Landtagswahl nur eine Stimme. Entscheidend ist, dass ein Wechsel in NRW ohne die FDP völlig undenkbar ist. Denn die CDU steht zwar gut da, hat aber keine Aussicht, die absolute Mehrheit zu holen. Die FDP hat nach den letzten Wahlergebnissen in NRW eine gute Basis. Wir wollen die 9,8 Prozent von vor fünf Jahren verteidigen und stärker sein als die Grünen.
Aufgezeichnet von:Stefan Küppers (2 Fotos)

Artikel vom 23.04.2005