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Stilblüten aus Lexikon von 1751

Lesung zu zweit


Paderborn (WV). »Was Zeitgenossen wissen müssen«: Was das wohl sein könnte, das erfahren die Besucher einer Lesung aus einem außergewöhnlichen Lexikon. Die Schauspielerinnen Ariane Senn und Kerstin Westphal haben sich die Encyclopédie von Diderot aus dem Jahre 1751 vorgeknöpft und Passagen ausgewählt, die sie am Montag, 23. Mai, vorstellen werden. Beginn ist um 19.30 im Raum für Kunst am Kötterhagen in Paderborn. Die ursprünglich geplante szenische Lesung aus »Feuerland« von David Elliot Brown wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.
»Erwarten Sie nicht nur Wichtigkeiten (aber auch). Erwarten sie nicht nur Zentrales, Gravitätisches (aber auch). Erwarten sie vor allem keine Vollständigkeit (wäre gelacht). Erwarten sie Neuigkeiten, Revisionen, Störfeuer, Überraschungen. Erwarten Sie ein fragmentarisches, aber buntes Bild der Welt, wie sie sich dieser Tage dreht,« notieren die Redakteure im Vorwort des betagten Nachschlagewerks.
Als Diderot für sein Lebenswerk den Eintrag »Was Zeitgenossen wissen müssen« schrieb, war er zwischen Euphorie und Depression hin- und hergerissen. Er lobte das Werk, das zum Programm der Aufklärung werden sollte, als »eine Unmenge vortrefflichen Materials, das bisher in zahlreichen Werken verstreut ist und dort ruht, ohne irgendeine nützliche Erkenntnis hervorzurufen, ähnlich wie vereinzelte Kohlen, die nie eine Glut bilden werden.« Aber er jammerte auch: »Die Encyclopédie war eine Grube, in welche diese elenden Lumpensammler (Diderots Mitarbeiter) alles durcheinander hineinwarfen«.

Artikel vom 27.04.2005