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Streit unter Brüdern um 415 Euro

Gericht: Computerbetrug erwiesen

Von Horst-H. Griepenstroh
Lübbecke (WB). Wegen Computerbetruges wurde gestern ein 33 Jahre alter Mann vor dem Lübbecker Amtsgericht zu 40 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, sich unrechtmäßig in den Besitz der EC-Karte einschließlich PIN seines Bruders gebracht und von dessen Konto 415 Euro abgehoben zu haben.

Der Angeklagte vertrat vehement seine Version, nach der er von seinem Bruder beauftragt worden war, die 415 Euro abzuheben. Zudem hatte er bereits in der ersten Verhandlung (die LÜBBECKER KREISZEITUNG berichtete am 13. April) angegeben, sein Bruder habe ihm von diesem Geld 350 Euro gegeben, damit er sich ein Auto habe kaufen können.
Dieser Schilderung vermochten sowohl die Anklagevertreterin als auch Amtsrichter Dieter Stolte wenig Glauben zu schenken. Nach Aussage der gestern geladenen Mitarbeiterin der Sparkasse war die Abhebung mittels der EC-Karte erfolgt, die von der Bank an die Mutter des Angeklagten als Kontobevollmächtigte geschickt worden war, in deren Haushalt der Angeklagte damals lebte. Die Mutter allerdings hatte in der ersten Verhandlung angegeben, sie habe diese EC-Karte nie bekommen. Nun stellte sich gestern heraus, dass zum Zeitpunkt des Verschickens der Karte durch die Sparkasse die Mutter gar nicht mehr unter der seinerzeit angegebenen Adresse erreichbar gewesen sei. Ob die Karte nun per Nachsendeauftrag nachgeschickt wurde, blieb unklar. Zurück zur Bank kam sie nicht.
Zwar ist der Bruder des Angeklagten als Kontoinhaber im Besitz einer weiteren EC-Karte, der auch eine eigene PIN zugeordnet ist, mit dieser Karte jedoch ist die Abhebung nicht erfolgt. Das wurde durch die Aussage der Sparkassenmitarbeiterin gestern eindrücklich untermauert.
Aufgeflogen war die ganze Angelegenheit, als von dem Bruder des Angeklagten getätigte Überweisungen nicht ausgeführt wurden, da das Konto keine Deckung aufwies. Das nun wollte dieser bei der Sparkasse klären und erfuhr, dass kurz zuvor 415 Euro von seinem Konto abgehoben worden seien.
»Weshalb sollte Ihr Bruder Ihnen 350 Euro schenken, wo er selbst nicht auf Rosen gebettet ist«, wollte Amtsrichter Stolte von dem Angeklagten wissen. Schließlich hätte er sich damit in die Situation gebracht, seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen zu können. Auch vermisse er jeglichen Hinweis über eine mögliche Rückzahlung dieses Betrages. Dass der Angeklagte für 350 Euro ein Auto gekauft hatte, bestätigte gestern vor Gericht ein Zeuge. »Bar bezahlt«, wie er zum Ausdruck brachte.
Bevor der Bruder noch einmal in den Zeugenstand gerufen wurde, redete die Staatsanwältin dem Angeklagten ins Gewissen. »Ist Ihnen bewusst, dass Sie Ihre Mutter hier möglicherweise in ein Strafverfahren drängen? Wenn Sie lügen, hat auch Ihre Mutter gelogen, die Ihre Version bestätigt hat. Es besteht hier der dringende Tatverdacht der Falschaussage«. Der Angeklagte jedoch blieb bei seiner Aussage. Er habe sich nichts vorzuwerfen und vor Gericht auch keine falschen Angaben gemacht.
Das Gericht folgte in der Strafzumessung den Antrag der Anklage hinsichtlich der Tagessätze. Die Verteidigung hatte Freispruch beantragt, da es für beide Versionen Anhaltspunkte gebe und der Hergang nicht eindeutig geklärt sei.

Artikel vom 22.04.2005