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Von Optimismus und Feldhamster-Koordinierung

Humorvolle Rede mit ernsten Themen von Niedersachsen Ministerpräsident Christian Wulff

Von Stefan Küppers (Text und Foto)
Halle (WB). Umfragen zufolge ist Christian Wulff (CDU) derzeit Deutschlands beliebtester Politiker. Warum er das ist, davon bekamen rund 900 Zuhörer beim Wahlkampfauftritt des niedersächsischen Ministerpräsidenten am Montag im Event Centre eine Ahnung.

Wulff präsentierte sich charmant und humorvoll. Vor der mit einem Gipsbein geplagten Gütersloher CDU-Landtagskandidatin Ursula Doppmeier ging Wulff in die Knie, schrieb ihr Genesungswünsche auf den Gips. Und als er sich beim Namen des hiesigen CDU-Kandidaten Günter Kozlowski verhaspelte, schickte er sogleich eine Anekdote über frühere rhetorischen Fehltritte hinterher. Botschaft: Hier spricht eine ehrliche Haut.
Ehrlichkeit und Verlässlichkeit, das hält Wulff für entscheidende Kriterien, warum er für seine Politik - ebenfalls Umfragen zufolge - soviel Zustimmung erhält. Und er hat Spaß daran, als einstmals abgeschlagenes Niedersachsen sich nun mit Starken dieser Republik zu messen: »Die Bayern spüren doch schon den Atem der Niedersachsen im Nacken.«
Es fehlte in dieser einstündigen Wahlkampfrede nicht an Seitenhieben auf die rot-grüne Regierungspolitik in Berlin und Düsseldorf. Doch viel intensiver machte sich Wulff Gedanken über Denken und Befindlichkeiten der Deutschen insgesamt. Wulff forderte mehr Optimismus gepaart mit Patriotismus. »Wir haben alle Chancen, wenn wir sie ergreifen.« Es fehle die Freude auf die Zukunft, wie sie noch in den 50er und 60er Jahren den Deutschen zueigen war. Und wo sei der Glaube ans eigene Land, die Begeisterung für Neues?
Wulff begeistert sich daran, dass mit deutscher Beteiligung Europa das größte Flugzeug der Welt (A 380) gegen die amerikanische Boeing-Konkurrenz realisiert hat. Und in Frankreich werde deswegen fahnenschwenkend »Vive la France« gerufen. In Deutschland hingegen würden sich viele nach Unterschriftenlisten umschauen, damit das Flugzeug nicht fliegt.
Mit Begeisterung solle man auch ein transeuropäisches Transrapid-Projekt anpacken, Europa biete überhaupt Riesenchancen. Aber dafür müsse es Menschen, »die sich stören lassen«, wie die Transrapid-Anwohner im Emsland.
Leidenschaftlich setzte sich Wulff für eine konsequente Senkung der Staatsquote ein und nannte Beispiele für den Rückzug des Staates in seinem Bundesland. Nur das bringe Wachstum. Wulff sprach auch zur Bildungspolitik und setzte sich dabei ausdrücklich für eine Stärkung der Autorität von Lehrern ein, übrigens gerade auch durch die Eltern. Und auch die Gretchenfrage in der Union sprach Wulff an. Auf die Lok, die Deutschland anziehen müsse, gehöre Angela Merkel, so Wulff. Mit viel Beifall wurde der Nicht-Kanzlerkandidat verabschiedet.
Eine engagierte, kurze Rede hielt auch Günter Kozlowski. Als Zuspitzung seiner Kritik an der rot-grünen Landesregierung verwies Kozlowski beispielhaft auf eine Feldhamsterkoordinierungsstelle. Die lasse sich das Land bis 2007 genau 243 837 Euro kosten.

Artikel vom 20.04.2005