23.04.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Innovation braucht
die Luft zum Atmen

Wichtig ist es, die Bürokratie abzubauen

Von Lena Strothmann
Es gibt Modebegriffe, die wir gerne verwenden und die in aller Munde sind. Dazu gehört sicherlich auch »Innovation«. Vom Begriff her ist es in der technischen Wissenschaft schon lange bekannt. Es bedeutet hier ein neues Produkt, einen neuen Werkstoff, eine neue Dienstleistung oder ein neues Verfahren. Ein Innovationsprozess beinhaltet dabei die Tätigkeiten der Erfindung, Entwicklung, Produktion und Markteinführung des neuen Produktes beziehungsweise des neuen Verfahrens im Unternehmen.

Wie lässt sich das nun auf eine Region wie Ostwestfalen-Lippe beziehen? Dazu hilft ein Blick in Studien, die OWL zum Gegenstand haben. Laut Potenzialanalyse OWL aus dem Jahr 2002 etwa hat die bis tief in die Industrie verwurzelte handwerkliche Tradition mit einer ausgeprägten Facharbeiterbasis und flexiblen Fertigungsstrukturen wesentlich dazu beigetragen, dass unsere Region sich zu einer der innovations- und wachstumsstärksten Regionen Deutschlands entwickelt hat.
Mehr noch: Ostwestfalen-Lippe liegt in Nordrhein-Westfalen an der Spitze, was den Anteil an Unternehmen angeht, die regelmäßig Forschung und Entwicklung betreiben. Produktinnovationen als völlig neue oder erheblich verbesserte Produkte finden sich in den Unternehmen Ostwestfalen-Lippes deutlich häufiger als in den anderen Regionen Nordrhein-Westfalens. Umgekehrt ist der Anteil der OWL-Unternehmen, die keine Produktinnovation getätigt haben, deutlich unterdurchschnittlich. Auch bei den durchgeführten Prozessinnovationen liegt der Anteil der OWL-Unternehmen deutlich höher als in den anderen Region in Nord-rhein-Westfalen.
Das ist aber kein geschriebenes Gesetz, das für immer Gültigkeit hat. Rahmenbedingungen spielen auch hier eine Rolle, die es zu verbessern gilt. Gerade weil auch kleine und mittlere Betriebe des Handwerks wie des gesamten Mittelstands wesentlich zur Wirtschaftsleistung vor Ort beitragen, sollten sie in konjunkturell schwierigen Zeiten wie derzeit - trotz aller positiven Konjunkturerwartungen - in ihrer Dynamik und Flexibilität besonders gestärkt und nicht mit immer neuen Bürokratiebelastungen ausgebremst werden.
Innovation braucht nämlich Freiraum, braucht Luft zum Atmen. Daher bleibt es dabei: Der Bürokratieabbau muss immer wieder angemahnt werden, ansonsten verpuffen alle Innovationsmaßnahmen von Wirtschaft und Politik. Die Modellregion »Wirtschaftsnahe Verwaltung« in Ostwestfalen-Lippe bietet hierzu die Ansätze, die auch in Zukunft weiterverfolgt werden sollten. Diese ersetzen aber nicht bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen, für die vor allem der Bund verantwortlich ist. Denn die Konkurrenz in einem größer werdenden Europa schläft nicht, sondern sitzt in den Startlöchern. Nur wettbewerbsfähige Arbeitsplätze werden diesem neuen Wind standhalten, der schon längst weht und gewaltig zunimmt, seitdem die Europäische Union um zehn Staaten Ost- und Südosteuropas gewachsen ist. Denn die Innovationsfähigkeit der Unternehmen im technologischen wie betriebswirtschaftlichen Sinne ist eine zentrale Voraussetzung für Wachstum und Beschäftigung insgesamt. Wer hier - bildlich gesprochen - aufhört zu rudern, treibt erbarmungslos zurück.
Was die langfristig erfolgreiche Zukunft von Ostwestfalen-Lippe angeht, so ist eine konsequente Vernetzung von Wissenschaft und Anwendung unabdingbar, um den technischen Vorsprung zu wahren. Ansätze hierfür sind insbesondere die Unterstützung des Technologietransfers aus der Wissenschaft in die Unternehmen, der Innovationsberatung und von Forschungskooperationen zwischen Unternehmen. Als Beispiel ist das Projekt »Transfer-OWL« der Fachhochschulen Bielefeld und Lippe-Höxter sowie der hiesigen Wirtschaft zu nennen. Der Erfolg hat auch schon Namen und Gesichter: beispielsweise den Werkzeugmachermeister Udo Werner aus Bad Salzuflen sowie Professor Dr. Christoph Jaroschek von der Fachhochschule Bielefeld, die zwei Preisträger des »Professor-Adalbert-Seifriz-Preises für Technologietransfer«, der von der Steinbeis-Stiftung verliehen wurde. Die beiden Tüftler, die neben fünf anderen Paaren gewonnen haben, haben den Spritzguss revolutioniert.
Unabhängig davon sollte sich aber jeder Betrieb aus Handwerk und Mittelstand vermehrt auf folgende fünf Kernbereiche konzentrieren. Dazu zählen Qualifizierung und Bildung, neue Absatzmärkte - natürlich auch im Ausland -, modernes Personalmanagement, Nutzung von Informations- und Kommunikationstechniken sowie den Technologietransfer in die kleinen und mittleren Unternehmen durch Zusammenarbeit mit der Wissenschaft im Innovationsbereich.
Unternehmen müssen heutzutage umdenken und interne Widerstände gegen Neuerungen überwinden. Es fehlt nicht an Ideen, sondern häufig stockt vor allem die Umsetzung, wie ein Blick auf die europäische Patentstatistik zeigt. Hier müssen wir also ansetzen, denn nur so können wir zu Vorreitern werden, die von den Veränderungen frühzeitig profitieren. Wir brauchen zusammen einen Mentalitätswechsel: mehr Vorausschauen und nicht zurück. »In die Zukunft investieren« heißt Chancen sehen und ergreifen, wie das Chinesen, Amerikaner und Franzosen auch tun. Folge davon sind mehr Innovationen - auch bei uns in Ostwestfalen-Lippe.

Artikel vom 23.04.2005