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Statik stimmt, Technik nicht

Hartz IV: Stadt Harsewinkel fängt Mehrbelastung flexibel auf

Harsewinkel (jaf). Der Rohbau seht, das Richtfest wurde gefeiert, wann kann man einziehen? Diese Frage brannte Sozialdemokrat Ralf Dräger rein bildlich gesprochen unter den Nägeln, als es am Mittwochabend um den Zwischenbericht von Hartz IV ging. Der Geschäftsführer der GT-Aktiv GmbH, Fred Kupczyk, griff dieses Bild auf: »Wir müssen zwar noch die eine oder andere Mauer einziehen, aber um die Statik mache ich mir keine Sorgen.« Dennoch kräuselte sich im Laufe der Sitzung die eine oder andere Sorgenfalte auf seiner Stirn.

So hapert es bei der Umsetzung derzeit arg an der Technik, auch im Harsewinkeler Rathaus vergeht kein Tag, an dem keine neuen Probleme mit der EDV auftreten. »Die Technik macht uns einen Strich durch die Rechnung. Die Reform wurde mit der heißen Nadel gestrickt, ohne die technischen Voraussetzungen zu schaffen«, ärgerte sich Kupczyk.
Viel stärker beschäftigt den GT-Aktiv-Geschäftsführer jedoch der starke Anstieg der Fälle. »Geplant waren 8326 Bedarfsgemeinschaften, spricht Haushalte, die in Hartz IV fallen. Statt dessen lautet die offizielle Zahl im Kreis Gütersloh für den Monat März 9673. Über die eigenen Datenbanken der Städte werden die Daten noch konkreter erfasst. Und dann liegen wir schon bei 10 500 Haushalten. Hier sind noch die Empfänger eingerechnet, die keine regelmäßigen Zahlungen erhalten«, erläuterte Kupczyk. Personell könne dies natürlich nicht ad hoc abgedeckt werden. »Harsewinkel gehört aber zu den Kommunen, wo flexibel mit dieser Mehrbelastung umgegangen wird«, lobte der Geschäftsführer. Im Klartext heißt das: Die Verwaltungsmitarbeiter häufen derzeit reichlich Überstunden an.
Sorgen bereitet dem Geschäftsführer auch der angespannte Arbeitsmarkt. Viele Arbeitsplätze fallen ersatzlos weg. »Wir wollen Menschen in Arbeit bringen. Das geht aber derzeit nur durch natürliche Fluktuation. Neue Arbeitsplätze werden nämlich kaum geschaffen. Das ist ein hartes Brot. Und daher sind wir über jeden Arbeitsplatz froh«, so Kupczyk.
Aktuelle statistische Daten für Harsewinkel konnte Kupczyk den Mitgliedern des Sozialausschusses noch nicht liefern. Es gebe nur Zahlen für den Kreis, über Nürnberg seien keine Zahlen der Städte ablesbar. »Wir sind immer noch in der Aufbauphase. Wir sind gerade dabei, die Dezentralisierung herzustellen. Das heißt: Von den vier Aufgabenbereichen werden wir mit zweien in jedem Rathaus des Kreises vertreten sein: Mit der Sicherung des Grundbedarfs und mit dem Fallmanagement. Die Arbeitsvermittlung und Maßnahmenvermittlung - Stichwort Trainingsmaßnahmen oder Sprachkurse - werden von drei schlagkräftigen Teams in Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück und Halle abgedeckt«, machte der GT-Aktiv-Geschäftsführer deutlich.
Im Bereich des Fallmanagements - hier werden schwierige Fälle mit mindestens drei Vermittlungshemmnissen wie Sprach- oder Integrationsproblemen, gesundheitlichen Problemen oder einem Schuldenberg aufgefangen - könne man sich in Harsewinkel ab Mai ein Stückchen freischwimmen. Und das machte Kupczyk optimistisch: »Wenn die Fallmanager anfangen, Menschen intensiv zu betreuen, stellen sich auch Erfolge ein. Das haben die Zahlen in der Vergangenheit gerade in Harsewinkel bewiesen.«
Christdemokrat Klaus Meyer-Wilmes interessierte sich für den Unterschied zwischen Fallmanagement und Arbeitsvermittlung. »Die Fallmanagement-Klientel hat Vermittlungshemmnisse, die es abzubauen gilt. Sie sind nicht auf Anhieb in der Lage, einen Job anzunehmen, wobei es bei den anderen ausschließlich darum geht, einen Job zu finden. Hier greift dann die Arbeitsvermittlung«, so der Geschäftsführer.
Derzeit sei man auf einem guten Weg, alle 29 Vermittlerstellen zu besetzen. 21 Mitarbeiter habe man schon gefunden, zwei Stellen würden in der kommenden Woche besetzt. Durch die höheren Fallzahlen habe man aber große Probleme in den Rathäusern selbst. Dennoch habe die Versorgung der Menschen absolute Priorität. Hierbei würde der Schwerpunkt auf die Jugend gelegt.

Artikel vom 15.04.2005