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Statt Sackgasse den eigenen Weg in den Beruf finden

AWO-Ansprechpartner betreuen Jugendliche beim schwierigen Übergang - Perspektiven schaffen ist das Ziel

Halle (kg). Christina Richter ist »total fleißig« und hat gute Noten, aber auch ein Handicap: Deutsch fällt ihr nicht leicht. Und deshalb hat die 18-jährige Gesamtschülerin aus Werther, deren Eltern aus Kasachstan stammen, schon jede Menge Absagen bekommen.

Mit Hilfe von Wegeplanerin Susan Grüner hat sie demnächst hoffentlich mehr Glück bei ihrer Suche nach einem Ausbildungsplatz. Mit Gesprächen und Rollenspielen will sie die Zehntklässlerin fit machen für eine Bewerbung als Kauffrau im Einzelhandel.
Christina Richter gehört zu den 32 Schülern, die derzeit von den Wegeplaner Susan Grüner und Detlef Jürgens vom AWO-Kreisverband Gütersloh intensiv betreut werden beim schwierigen Übergang von der Schule in den Beruf. Wie auch Peter Kutscha. Der 16jährige Hauptschüler aus Halle hat derzeit keine Bestnoten in der Schule. Aber den Hauptschulabschluss nach Klasse 9 will er jetzt unbedingt schaffen: Der ist nämlich Voraussetzung dafür, dass Peter das Berufsgrundschuljahr Holz besuchen kann. »Ich will Tischler werden«, weiß der junge Mann nach einem Test bei den Wegeplanern, wie er sich seine Zukunft vorstellt. Nach dem Jahr am Berufskolleg Halle hätte er gute Aussichten auf eine Lehrstelle. Denn dort lernt man schon einmal den Werkstoff kennen und auch, mit Maschinen umzugehen.
Perspektiven schaffen, den Jugendlichen sinnvolle Ziele aufzeigen - genau darum geht es bei dem freiwilligen Angebot der Wegeplaner. Ihre jungen »Kunden« bekommen sie durch die Schule. Wer Lernschwierigkeiten hat, Sprach- oder Migartionsprobleme oder einfach nicht weiß, was er mit seiner Zukunft anfangen will, dem schlägt ein Lehrer schon einmal den Weg zu Susan Grüner oder Detlef Jürgens vor.
Als neutrale Ansprechpartner versuchen sie erst einmal im Gespräch, mit Tests und Betriebsbesichtigungen mit den Jugendlichen, deren Stärken und Interessen herauszufinden. Motivation ist alles beim Weg zum Ziel, dem Ausbildungsplatz oder der richtigen Schule oder Maßnahme. Susan Grüner, die mit ihrem Kollegen seit 2001 schon mehr als 100 Schüler intensiv betreut und weitere 300 Jungen und Mädchen beim Übergang in den Beruf beraten hat: »Wir haben wirklich hochmotivierte Jugendliche, die liebend gern eine Ausbildugnsstelle hätten, die gute Praktika ableisten und viel Engagement mitbringen«.
In einen Beruf führen viele Wege. Gute Kontakte zu den Betrieben haben die Betreuer. Auf ein gut funkionierendes Netzwerk können sie im Altkreis Halle auch zurückgreifen.
Jetzt hoffen Susan Grüner und Detlef Jürgens, dass das Modellprojekt, an dem neben der Hauptschule Halle auch die Böckstiegel-Gesamtschule in Werther und Borgholzhausen beteiligt ist, dass die Finanzierung auch in Zukunft gesichert ist. Denn die Mittel aus dem Europäischen Sozialfond fallen derzeit weg. Landes- und Kreiszuschuss reichen allein nicht, um das wichtige Projekt am Leben zu erhalten. Dass jedoch in Zukunft wieder rund 200 Schulabgänger nirgends aufgefangen werden, wie es im Jahr 2000 im Kreis Gütersloh passiert ist, kann niemand wünschen.

Artikel vom 15.04.2005