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»Toleranz und Weltoffenheit«

Umfrage vor der Wahl: Was erwarten die Schlänger vom neuen Papst?

Von Joachim Burek (Text und Fotos)
Schlangen (SZ). Die Welt schaut gebannt nach Rom. Dort treffen sich am kommenden Montag die Kardinäle aus aller Welt, um im Konklave den Nachfolger des verstorbenen Papstes Johannes Paul II. zu wählen. Die SCHLÄNGER ZEITUNG hat sich im Ort unter Christen beider Konfessionen einmal umgehört, was für einen Mann sie sich für das höchste Amt der katholischen Kirche wünschen.

Für Georg Kersting, Pfarrer des Pastoralverbundes Schlangen und Bad Lippspringe, ist die Stimmungslage in seiner Gemeinde St. Marien in Schlangen schwer einzuschätzen. »Die Ereignisse nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. haben sich so schnell überschlagen, dass sich die Gespräche in der Gemeinde bisher kaum mit dem Nachfolger beschäftigt haben«, sagt der 44-jährige Seelsorger. Da gerade der Weltjugendtag in Köln im kommenden August vorbereitet werde, hätten allerdings viele Jugendliche den Wunsch geäußert, dass der Neue einen guten Draht zur Jugend habe und im Sommer nach Köln kommen solle.
»Persönlich fände ich es gut, wenn der neue Papst dieses Mal nicht aus Europa käme. Das wäre ein Symbol für die Einheit und weltumspannende Bedeutung der Kirche. Gerade in der heutigen Zeit der Globalisierung wäre es dann eine seiner Aufgaben, auf die damit verbundenen sozialen Ungerechtigkeiten hinzuweisen«, sagte Pfarrer Kersting.
Ähnlich sieht dies auch Bettina Schmidt, Gemeindereferentin in St. Marien. »Ein Papst vom amerikanischen Kontinent wäre nicht schlecht. Immerhin kommen 70 Prozent der Katholiken aus dieser Region. Damit würde die katholische Kirche ein Zeichen setzen. Wenn allerdings ein Kandidat Charisma hat, kann er auch aus Europa kommen. Im Gespräch ist zurzeit ein portugiesischer Kandidat, der auch einen Blick für Lateinamerika hat«, so die 43-Jährige. Innerkirchlich sollte der neue Papst reformorientierter sein als sein Vorgänger, gerade was die Rolle der Frau in der Kirche angeht, wünscht sich Bettina Schmidt.
Eine tolerante Persönlichkeit favorisiert Inge Kriete, Hausfrau aus Schlangen, bei der Papstwahl. »Der deutsche Kardinal Ratzinger, der zurzeit als Papstnachfolger hoch gehandelt wird, ist mir zu konservativ. Der neue Papst sollte weltoffen sein. Es ist eigentlich allerhöchste Zeit, dass jemand aus der Dritten Welt in dieses Amt gewählt wird. Über die Grenzen sehen und würdevoll sowie menschlich miteinander umgehen, sollte die Maxime für den neuen Mann in Rom sein«, so die 54-Jährige.
»Es wird schwierig sein, einen gleichwertigen Nachfolger für den sehr charismatischen Papst Johannes Paul II. zu finden«, glaubt Irmhild Fleege (67). Eine Hauptaufgabe für den künftigen Papst werde sein, sich gegenüber anderen Konfessionen zu öffnen, mehr für die Ökumene zu tun, so die Buchhändlerin aus Schlangen. »An Johannes Paul II., den ich sonst bewundert habe, hat mich aber stets gestört, dass er gegen das gemeinsame Abendmahl war«, erklärt die evangelische Christin.
Auch Karl-Josef Böddeker, Filialleiter aus Schlangen, wünscht sich einen der Ökumene stärker aufgeschlossenen Papst. Außerdem sollte er - ebenso wie sein Vorgänger - der Jugend zugetan sein. »Er muss weltweit die Jugend begeistern können. Hier einen geeigneten Nachfolger zu finden, der diese Eigenschaften in sich vereinigt, wird eine ganz schwere Aufgabe werden«, prognostiziert der 59-jährige Einzelhandelskaufmann.

Artikel vom 15.04.2005