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Stolperfalle überschattet Derby

Handball: Patrick Fölsers Verletzung wäre vermeidbar gewesen


Halle/Lübbecke (HOK). »Ich bin völlig platt. Das Spiel war unheimlich schnell. Aber ich glaube, wir waren ganz gut«, schnaufte ein völlig erschöpfter Fabian van Olphen nach dem rasanten OWL-Derby zwischen dem TBV Lemgo und dem TuS N-Lübbecke. Recht hat der niederländische Nationalspieler vom Aufsteiger aus Lübbecke: Die 6500 Zuschauer im Gerry-Weber-Stadion bekamen beim 37:32 (22:18)-Erfolg des ausrichtenden TBV Lemgo Handball vom Feinsten zu sehen. Der TuS versteckte sich nicht, hielt das Spiel beim haushohen Favoriten bis zum 18:17 (24.) offen. »Wir haben, wir es uns vorgenommen hatten, das Ergebnis aus dem Hinspiel verbessert und mit viel Mut gespielt. Es war ein attraktives Spiel, an dem die Zuschauer ihre Freude hatten«, resümierte dann auch TuS-Trainer Jens Pfänder. Lübbecke nahm das hohe Tempo an und zeigte eine enorm schnelle Rückwärtsbewegung.
Dass das 18. OWL-Derby nicht noch enger wurde lag an zwei Faktoren: Zum einen versäumten es die Nettelstedter, die von den stark haltenden Torhütern Nandor Fazekas und »Kasa« Szmal (Szmal hat übrigens einen Zweijahresvertrag bei der SG Kronau-Östringen unterschrieben) abprallenden Bälle zu gewinnen. »Wir hätten vier oder fünf Abpraller mehr haben müssen. Lemgo hat diese Chancen genutzt. Hier lag der Unterschied in der ersten Halbzeit«, analysierte Pfänder.
Zum anderen konnte der verletzungsbedingte Ausfall von Kreisläufer Patrick Fölser (40.) nicht kompensiert werden. Pfänder: »Der Ausfall von Patrick Fölser ist im Gegensatz zum Ergebnis tragisch. Er hat uns im gebundenen Spiel sehr gefehlt. Ohne ihn hakte unser Angriffspiel.« Fölser trat während des taktisch bedingten rasanten Wechsels auf eine Kante im Auswechselraum und knickte mit dem rechten Fuß um. Schmerzverzerrt blieb der Kapitän liegen, der Fuß schwoll mächtig an. Eine genaue Diagnose steht noch aus, von den Anzeichen her deutet aber alles auf eine schwere Bänderverletzung hin, die den Einsatz des Österreichers im bevorstehenden Kreisderby gegen GWD Minden am kommenden Mittwoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmöglich machen wird. Wie lange Fölser ausfällt, stand gestern noch nicht fest.
Eine Stolperfalle im Auswechselraum? Wie kann das sein? Sie ist eine Folge dessen, dass das Gerry-Weber-Stadion eben keine reine Handballhalle, sondern vielmehr ein Tennis-Stadion ist und entsprechende bauliche Gegebenheiten trotz aller Mühen der Veranstalter nicht ohne Weiteres zu beseitigen sind. TBV-Manager Fynn Holpert war sichtlich geschockt von dem Vorfall: »Die Verletzung von Patrick Fölser ist sehr bedauerlich und wir geloben Besserung beim Platz in der Auswechselzone«, kommentierte der Ex-Nationaltorwart. Doch was nutzt es dem TuS? Der TBV wird den Nettelstedtern mitnichten als Entschädigung Christian Schwarzer für das Derby ausleihen.
Doch die gesundheitsgefährdende Auswechselzone - warum die Schiedsrichter sie überhaupt abgenommen haben, wird ihr Geheimnis bleiben - war nicht das einzige Manko in der ansonsten beeindruckenden Anlage mit tollem Ambiente: Diejenigen, die das Erlebnis Handball im Gerry-Weber-Stadion an die Öffentlichkeit bringen sollen, nämlich die Journalisten, wurden auf dunklen Plätzen weit hinter dem Tor ohne Schreibunterlage untergebracht, auf denen zudem so schlechte Sicht herrschte, dass man ein Opernglas gebraucht hätte, um die taktischen Feinheiten des Spiel erfassen zu können. Bedingungen, die in nahezu jeder Zweitligahalle besser sind, geschweigen denn in vergleichbar großen »Arenen«. Frank Hofen, Pressechef des Gerry-Weber-Stadions, gelobte für die Zukunft allerdings Besserung.
Trotz der 6500 Zuschauer, ein für einen Mittwoch Abend beachtlicher Wert, kam während des Spiels kaum Stimmung auf. An der Leistung der Akteure auf der Platte kann es nicht gelegen haben, denn die war erstklassig. Wenn große Hallen »nur« zur Hälfte gefüllt sind, kommt einfach keine richtige Handballstimmung auf. Manchmal ist weniger eben mehr; vielleicht hätte es die Bielefelder Seidenstickerhalle als Ausweichmöglichkeit für die im Umbau befindliche Lemgoer Lipperlandhalle auch getan. Im Übrigen hatte auch der TuS N-Lübbecke großen Anteil daran, dass die Lemgoer Fans nicht zu euphorisch wurden, denn der Aufsteiger vom Wiehen, bei dem erneut Rolf Hermann (7) bester Torschütze war, hat den zweifachen Meister doch arg geärgert.
Festzuhalten bleibt: das sehr respektable Ergebnis aus Nettelstedter Sicht wird von der vermeidbaren Verletzung des Mannschaftskapitäns Patrick Fölser überschattet. Wenn die angesprochenen Mängel allerdings schnell behoben werden, hat es das Gerry-Weber-Stadion jedenfalls verdient, dass dort Spiele der Weltmeisterschaft im Jahr 2007 ausgerichtet werden.

Artikel vom 15.04.2005