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Bürener Unternehmen
produziert Sieger

Modernste Flugzeugtechnik für Rennstrecke und Straße

Büren (WB). Während landauf, landab tausende von Arbeitsplätzen gestrichen werden und viele Firmen Insolvenz anmelden müssen, sorgt die Bürener Heggemann aerospace AG immer wieder für positive Schlagzeilen: Ob im Motorsport, in der Luftfahrt oder in der Weltraumforschung, überall hat die Hightech-Schmiede am Flughafen Paderborn/Lippstadt die Nase vorn und schreibt Erfolgsgeschichten.

Fertigungstechniken und Materialien aus der Luft- und Raumfahrt setzt das Unternehmen ebenso im Motorsport und im Automobilbau ein und steigert damit Fahrleistungen und Zuverlässigkeit. Die Erfolgsgeschichte fußt auf dem quirligen Geist des gelernten Flugzeugbauers Paul Heggemann, der 1953 in der Schulze-Deltischstraße in Paderborn zusammen mit Ehefrau Maria seine »Flugzeugzeugschmiede« gründete. 1989 übernahm Robert Heggemann die Verantwortung vom Vater. Heute steht er an der Spitze des Unternehmens im Bereich des Flughafengeländes in Ahden. Seit zehn Jahren wird dort Flugzeugtechnik für Rennstrecke und Straße entwickelt und gefertigt.
Mächtig stolz sind die 155 Heggemann-Mitarbeiter auf »ihre« Audis. Für den Sieger der DTM 2004, der populärsten Tourenwagen-Serie Europas, haben sie das komplette Chassis, Fahrwerksteile, Querlenker, Kühler und Leitungen gebaut. In enger Zusammenarbeit mit den Audi-Ingenieuren wurden viele Details ausgetüftelt, die die neuen Wagen sicherer, leichter und schneller machen. So legte der Audi A4 bei der DTM einen Traumstart hin und gewann auf Anhieb alle Titel.
Ein weiterer Triumph für die Bürener war der Titelgewinn des FIA Cross Country World Cups 2004 durch den X-Raid BMW X5 mit Khalifa Al-Mutaiwei am Steuer. Auch für diesen Wagen haben die Bürener wesentliche Teile gebaut. Und auf der jüngsten Rallye Paris-Dakar gewann Ex-Skirennfahrer Luc Alphand im X-Raid BMW X5 mit Doppel-Turbo-Technik die Dieselwertung des härtesten aller Langstreckenrennen.
Bei der FIA GT-Meisterschaft mischen die Heggemänner ebenfalls mit: Für den Lamborghini bauten sie den kompletten Gitterrohrrahmen, Fahrwerksteile, Querlenker und Ölbehälter, und auch die beiden Saleen von Konrad-Motorsport verlassen sich auf die Technologie der Hightech-Schmiede am Paderborner Flughafen.
Nach wie vor ist Heggemann auch in der Formel 1 dabei und liefert wichtige Baugruppen für die Toyota-Rennwagen. Die Spezialisten aus Ostwestfalen-Lippe verstehen sich nicht nur als Zulieferer für die Boliden aus Köln, sondern als Entwicklungspartner, die durch ihre langjährige Erfahrung aus der Luftfahrt und dem Automobilsport wichtige Impulse geben können.
Für einen großen Rennstall zu arbeiten, ist für die Bürener eine spannende Herausforderung. Von Rennen zu Rennen werden die Wagen weiter verbessert, werden Details verändert. Die Ingenieure, Techniker und Mechaniker bei Heggemann müssen auf diese Entwicklungen laufend flexibel und sehr schnell reagieren.
Eine wahrhaft tragende Rolle spielte Heggemann aerospace beim erfolgreichen Erstflug des Raumgleiters »Phoenix« im vergangenen Jahr. Der Prototyp von Europas zukünftigem, wieder verwendbarem Raumtransporter »Hopper« landete auf dem Testflughafen Vidsel in Nordschweden sicher auf starken Beinen von Heggemann aerospace - mit Rennwagengeschwindigkeit. Das Unternehmen aus Büren hatte das gesamte Fahrwerk für den Phoenix entwickelt und gebaut. Es muss enormen Kräften standhalten. Das unbemannte Erprobungsmodell war noch nicht aus eigener Kraft gestartet, sondern von einem speziellen Schwerlasthubschrauber in zweieinhalb Kilometern Höhe abgesetzt worden. Während des Freiflugs beschleunigte Phoenix auf bis zu 450 Stundenkilometer. In einer Höhe von gut 500 Metern bremste er den Sinkflug automatisch ab und setzte punktgenau mit Tempo 255 auf der Landebahn auf.
Den Auftrag für das Fahrwerk des europäischen Raumtransport-Projektes hatte das Bürener Unternehmen auf der ILA erhalten, wo das Unternehmen sein Zeppelinfahrwerk zeigte. Die ostwestfälischen Spezialisten haben bei der Entwicklung und Fertigung des Fahrwerks und der zugehörigen Systeme ihr umfangreiches Know-how und eine hohe Umsetzungskompetenz bewiesen.
Für das CARIBIC-Projekt hat Heggemann aerospace eine spezielle Messsonde für Luftanalysen gefertigt. Kurz vor Weihnachten war sie unter einem Langstrecken-Airbus der Lufthansa zum ersten Mal in die Luft gegangen. Der Name ist die Abkürzung für ein neues internationales Klimaforschungs-Programm mit speziell ausgerüsteten Passagierflugzeugen. Das hochpräzise Luft-Einlasssystem, das mit verschiedenen Messsonden am Bauch der Maschine angebracht ist, sammelt Luftproben und leitet sie über ein Rohrsystem ins Innere der Maschine. In Messgeräten, die in einem umgebauten Frachtcontainer stecken und der voll gestopft ist mit Computertechnik, werden die Proben automatisch untersucht - auf ihren Gehalt an Ozon und 50 anderen Gasen, an Wasserdampf sowie festen und flüssigen Schwebeteilchen. Ziel der Atmosphärenforscher ist es, besser als bisher zu erkunden, welche Gase und Stoffe in die klimatisch bedeutsame obere Erdatmosphäre gelangen und wie sich die Zusammensetzung der Luftschicht in zehn bis zwölf Kilometern Höhe verändert.
Den Wettbewerbsvorsprung, den die Bürener Spezialisten erreicht haben, sicherten sie erst vor wenigen Monaten mit dem Bau einer zusätzlichen großen neuen Produktionshalle für Umformtechnik. Mit Hilfe einer 315 Tonnen schweren Umform-Presse kann Heggemann seinen Kunden nun aus einer Hand komplett fertige Baugruppen liefern, zum Beispiel ganze, vollständig montierte Achsen und Treibstofftanks. Dabei arbeitet das Unternehmen immer eng mit den jeweiligen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen des Auftraggebers zusammen. Auf dem großen Tisch der neuen Presse können auch Werkstücke über zwei Meter Länge bearbeitet werden. Der Komplettservice hat große Vorteile für die Auftraggeber: Denn dabei wird die gesamte Prozesskette in einem Haus abgebildet und kontrolliert, und es gibt keine Schnittstellenprobleme mit anderen Lieferanten. Damit hat Heggemann aerospace im Kleinserien- und Prototypenbereich eine einzigartige Alleinstellung.

Artikel vom 16.04.2005