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Daumen in Hüfthöhe

SPD-Vorsitzender Franz Müntefering in der Stadthalle


Gütersloh (rec). Schlechte Umfragewerte bringen den SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering nicht aus der Ruhe. Nicht mehr nach der Bundestagswahl 2002, als die Niederlage der SPD bereits »wissenschaftlich« festgestanden habe. »Und so machen wir es zur Landtagswahl im Mai auch wieder«, ermutigte er gestern 250 Genossen im kleinen Saal der Stadthalle.
Nicht einmal schnellten Münteferings Arme siegesgewiss in die Höhe. Er zündet Funken mit kleinen, sparsamen Gesten. Einem Augenaufschlag. Einem hochgehaltenem Daumen in Hüfthöhe. Und mit den »richtigen« Stichworten, vorgetragen im Staccato-Stil.
Müntefering verliert nicht viele Worte über Arbeitslosigkeit, statt dessen moniert er den ungezähmten Kapitalismus, der wie eine Heuschreckenplage über Unternehmen wie Opel hereinbreche: »Schneller Reibach und wieder weg.« Wenn der Deutsche-Bank-Chef Ackermann am selben Tag einen Rekordgewinn und die Entlassung von 6200 Mitarbeitern verkünde, dann findet Müntefring das »zum Kotzen.« Diese Form des Kapitalismus rühre am Kern der Demokratie. Und wenn die CDU den Verzicht auf Tarifautonomie und Mitbestimmung fordere, dann leiste sie dem Vorschub: »Wenn die Leute das wollen, sollen sie CDU wählen. Wir wollen das nicht.«
Ehrliche Gütersloher Bauunternehmer verlören Aufträge, weil Schwarzarbeiter oder ausländischen Billiglohnkräften die ihnen weggeschnappten. »Und was in den Schlachthöfen passiert, das ist auch nicht richtig. Scheinselbstständige Billigkräfte aus dem Osten arbeiten für drei Euro die Stunde, leben in Containern und nehmen heimischen Arbeitskräften die Jobs weg. Das geht nicht.« Warum die Schlachthöfe so arbeiten, warum die Tarifautonomie ein Problem ist, warum die CDU Einschnitte fordert - für solche Fragen lässt das Staccato keine Zeit.

Artikel vom 09.04.2005