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Europäische Union hat zum Angriff geblasen

Sorge um Rübenanbau in der Region

Brakel (WB). Das schöne Wetter der vergangenen Tage schickte die Bauern auf die Felder: Im Kreis Höxter wurden nach Auskunft des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Höxter-Warburg die ersten Zuckerrüben gelegt.

Mit einer mehr als 125-jährigen Tradition hat der Zuckerrübenanbau im Kreis Höxter und vor allem in der Warburger Börde wirtschaftliche Bedeutung. Die »Königin der Feldfrüchte« wird im Kreis jährlich auf einer Fläche von gut 2500 Hektar angebaut. »Ob der Rübenanbau in der Region aber noch weiter Bestand haben wird, ist fraglich, denn die Europäische Union hat zum Angriff auf den Rübenanbau geblasen«, bringt es der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Höxter Werner Menne auf den Punkt.
Zur Erläuterung: Der heimische Zuckerrübenanbau ist eng mit der Zuckermarktordnung der Europäischen Union verknüpft. Die Marktordnung ermöglicht den Landwirten einen wirtschaftlichen Rübenanbau, ist aber trotzdem haushaltsneutral und verursacht keine Kosten für den Steuerzahler. Dennoch hat die EU-Kommission im vergangenen Sommer eine radikale Reform der Zuckermarktordnung vorgelegt.
Die Vorschläge der EU sehen die Reduzierung der Zuckerquote um 2,8 Mio. t bzw. 16 Prozent und die Senkung der Mindestpreise für Zuckerrüben und Zucker um 37 bzw. 33 Prozent vor. Der Vorsitzende bezeichnet die Vorschläge als nicht akzeptabel: »Wenn diese so kommen, ist ein wirtschaftlicher Zuckerrübenanbau nicht mehr gegeben«, so Menne. Gefährdet seien darüber hinaus 1300 Arbeitsplätze in den sechs nordrhein-westfälischen Zuckerfabriken, darunter auch Hunderte von Arbeitsplätzen in den zwei ostwestfälischen Zuckerfabriken in Lage und Warburg. Hinzu kämen noch etwa 3000 Arbeitsplätze in vor- sowie nachgelagerten Bereichen in NRW.
Die heimische Rübenanbauern befürchten, dass sie mit ihrem unter hohen Sozial- und Umweltstandards erzeugten Rohstoff aus der Region nicht mit Rohrzucker aus großflächigem Anbau, zum Beispiel aus Brasilien und Australien, konkurrieren können. »Wir sehen die geplanten Einschnitte in die Preis- und Mengengarantien als unverantwortlich«, betont Menne. Sie bedeuteten für viele Rübenanbauer im Kreis Höxter, in OWL, in Westfalen-Lippe und in ganz Deutschland das Aus.
Pro Hektar Zuckerrüben können ungefähr 10 000 Tüten Zucker geerntet werden, so der Landwirtschaftliche Kreisverband. Bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von 34 Kilogramm pro Jahr können die Rübenfelder im Kreis Höxter somit gut 650 000 Menschen mit Zucker versorgen. Der größte Anteil des Zuckers wandert im bundesdeutschen Durchschnitt mit 25 Prozent in die Getränkeindustrie.

Artikel vom 09.04.2005