09.04.2005
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Das Wort zum Sonntag
Wenn ich als Protestant sicherlich eine andere Beziehung zum Vatikan und dem Papsttum habe als die katholischen Geschwister, so nehme ich doch großen Anteil daran, was dieses Ereignis mit uns Menschen und mit unserer Kirche macht. Denn solch einen Ansturm von Massen hat es in Rom noch nie gegeben, noch nie haben die Medien so viel in den Nachrichten und Sondersendungen über den Papsttod und die Folgen debattiert.
Hat das öffentlich zur Schau gestellte Leiden des Papstes ihn jetzt so beliebt gemacht? Waren es seine vielen Versuche, einen Dialog mit den Religionen zu ermöglichen? Waren es seine Offenheit und die den Menschen zugewandte Herzlichkeit, die er bei seinen vielen Reisen an den Tag legte? Das Attentat, das er überlebte? Oder war es das Festhalten an manch alten Traditionen und katholischen Überzeugungen?
Als ein Diener Gottes war er nicht nur beliebt, sondern auch umstritten. Katholische Christen wie nicht Glaubende Freunde sind gegen ihn Sturm gelaufen, doch am Bollwerk des Vatikan gescheitert. Seine Haltung zur katholischen Sexualmoral entfachte immer wieder große Empörung. Umstritten blieb auch sein Umgang mit den armen Ländern und seine Haltung zur Ökumene.
Papst Johannes Paul II. hat dennoch viele Millionen Menschen positiv geprägt. Er hat nicht nur Liebe und Barmherzigkeit gepredigt, sondern ist selber dafür mit seiner Person eingetreten. Er ist Mensch geblieben, einer, der ganz auf die Gnade Gottes angewiesen war und ist. Er hat christliche Werte und Normen vermittelt, hat sie erklärt und ist dafür eingetreten. Immer wollte er dabei deutlich machen, dass die Menschheit ohne Gott wahrlich am Ende ist. Die Notwendigkeit der Umkehr zu Gott hat ihn nicht losgelassen, das haben ihm die Menschen abgespürt - vielleicht spüren sie ihm deshalb in diesen Tagen auch so nach. »Unser Herz ist unruhig, bis es Ruhe findet Gott in dir.« (Augustin).
Ich wünsche uns, dass die Trauer und der Schmerz um den Papst unseren Kirchen hilft, den ganzen Menschen wieder mehr in den Blick zu bekommen. Es ist eben in unserer Welt nicht alles gleich gültig, denn dann wäre alles gleichgültig. Die Menschen sehnen sich nach Liebe, Verlässlichkeit und gültigen Werten, die ihnen nur Gott geben kann. Die Aufgabe der Kirchen ist es, den Menschen den Weg dahin zu ermöglichen.
Artikel vom 09.04.2005