08.04.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Zuletzt sind die Kameras aus

Totenmesse auf dem Petersplatz dauert drei Stunden

Rom (dpa). Heute, 10 Uhr, auf dem Petersplatz in Rom: In roten Messgewändern schreiten die Kardinäle, angeführt von Joseph Ratzinger, und östliche Patriarchen zur Zeremonie. So ist es geplant.

300 000 Menschen werden sich im weiten Rund zwischen den Säulengängen drängen. 200 Staatsgäste, darunter Könige und Königinnen, US-Präsident George W. Bush, UN-Generalsekretär Kofi Annan, Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Gerhard Schröder, sitzen auf Ehrenplätzen in nächster Nähe.
Vor dem Altar steht der geschlossene Sarg mit Johannes Paul II. - darauf ein Evangelium, dessen Seiten der Wind bewegt. Sogar die Sonne verdunkelt sich an diesem Freitag zum größten Papstbegräbnis der Geschichte, wenn auch nicht in Rom, sondern bei einer Sonnenfinsternis über dem Pazifik vor den Küsten Neuseelands.
Einen »Pilgerstrom von biblischen Dimensionen« erwarten die Behörden, vier Millionen Pilger wollen zu den Feierlichkeiten nach Rom kommen. Die meisten werden abseits des Petersplatzes ihren Blick auf Riesenleinwände richten müssen - etwa im Olympiastadion oder am Kolosseum. »Es macht nichts, dass wir nicht direkt am Petersplatz sein können«, sagt eine Frau aus einer polnischen Pilgergruppe: »Überall in Rom ist es in diesen Tagen so, als würde man den Hauch der Geschichte atmen.«
Drei Stunden soll die Totenmesse auf dem Petersplatz dauern, sechs Sprachen sollen gesprochen werden - und Latein. Roberto Colavalle (36) vom Chor der Sixtinischen Kapelle, ein Spezialist für Gregorianischen Gesang, singt das Requiem. Es sei wunderschön, sagt er. Dann wird der Sarg in Begleitung von wenigen hohen Kurienvertretern in den Petersdom und in die Grotten gebracht.
Das Begräbnis, das nicht vom Fernsehen übertragen wird, dauert noch einmal etwa eine halbe Stunde. Zum Zeichen der Demut wolle Johannes Paul II. mit seinem Sarg in die bloße Erde, nicht in einen Marmorsarkophag gelegt werden, so lautete der Wunsch des Papstes. Und so soll es sein: Bevor der Sarg endgültig geschlossen und versiegelt wird, wird dem Toten ein Schleier aus weißer Seide über das Gesicht gelegt.
Auch ein Säckchen mit Silber- und Bronzemünzen, eine Rolle mit seinen Lebensdaten in lateinischer Sprache werden dem Toten beigegeben. Dann beten die Kardinäle ein letztes »Vater unser« - und der Sarg wird 1,70 Meter tief in die Erde gelassen. Auf einer schlichten weißen Marmorplatte wird künftig stehen: »Joannes Paulus II 1920 - 2005«.

Artikel vom 08.04.2005