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»Pillen«-Kauf
in Dortmund

Polizei ließ Dealer auffliegen

Herford/Hiddenhausen/Vlotho (cl). Von März 2004 bis zu seiner Festnahme am 16. Juli hat der inzwischen 21 Jahre alte Niklas S. (Name geändert), der damals noch in Vlotho wohnte, eine steile Karriere als Drogenhändler hingelegt. Achtmal kaufte und verkaufte er Ecstasypillen, mit fünf ging es los, zuletzt waren es 300 auf einmal. Dann kam der »Knaller«, wie es Vorsitzender Richter Bollhorst beim Jugendschöffengericht formulierte: In Dortmund wurden 1500 Pillen auf einen Schlag gekauft.

Die Polizei war schon auf den steigenden Umsatz aufmerksam geworden und wusste durch eine Telefonüberwachung von dem Großdeal. Bei der Ankunft in Herford lieferte der Angeklagte mit dem Golf seiner Freundin der Polizei eine »Hochgeschwindigkeits-Verfolgungsjagd« (Staatsanwältin Alexandra Löw) quer durch Herford, die fürchterliche Folgen hätte haben können. Das überholende Zivilfahrzeug wurde nach links abgedrängt, auf der Berliner und Mindener Straße wurden rote Ampeln an den meistfrequentierten Kreuzungen überfahren. Die Quittung der Justiz: Eineinhalb Jahre Freiheitsstrafe mit Bewährung, Entzug der Fahrerlaubnis und weitere sechs Monate Sperrfrist sowie 30 gemeinnützige Arbeitsstunden. Nach Erwachsenenstrafrecht wäre eine mehrjährige Gefängnisstrafe herausgekommen. Zwei Wochen U- Haft waren aber auch heilsam.
Niklas S. konsumierte selbst keine Drogen, kannte sie aber vom Besuch der Eickhofschule, die er ebenso wie die Erziehungshilfe- Grundschule Arche durchlaufen hatte. Durch seine Verhaltensstörungen, die schon im Kindergarten aufgetreten waren, konnte er seine geistigen Fähigkeiten bislang nie umsetzen. Da er zur Tatzeit nur eine geringe Lehrgangsvergütung erhielt, kam ihm das leicht verdiente Geld wie ein wahrer Segen vor. Die Pillen konnten problemlos in Herford auf der Straße einzeln verkauft werden, wie der Vorsitzende Richter staunend auf seine Nachfrage erfuhr. Mehrfach wollte er wissen: »Haben Sie nicht Angst bekommen, in welche Kreise und Dimensionen Sie da hineingerutscht sind?« Schlechtes Gewissen und Bammel räumte der Angeklagte zwar ein, aber das schöne Geld zog mehr. Inzwischen hat Niklas S. eine Ausbildung aufgenommen und scheint sich zu stabilisieren.

Artikel vom 08.04.2005