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Zeitzeugen berichten über das Kriegsende


Bad Driburg (rob). Viele Bad Driburger Zeitzeugen sind 70 oder 80 Jahre und älter. Es wird höchste Zeit, ihre Erinnerungen zu sammeln«, sagte Renate Mügge, Vorsitzende des Heimatvereins.
Wolfgang Riecke: »Ich fegte nach dem US-Einmarsch die Straße Richtung Bahnhof. Da saß ein Amerikaner. Ich hatte meine Uhr vergessen und fragte ihn von Weitem auf Schulenglisch nach der Zeit. Er antwortete nett und rief mich dann zu sich. "Wie kann es sein, dass die Straßenfeger in Deutschland so gut Englisch sprechen?", sagte er und schmunzelte.«
Konrad Kappe: »Wir haben in Dringenberg vier Zentner Kartoffeln gehamstert. Darauf waren wir sehr stolz. Ich erinnere mich auch noch, wie ich bei Vikar Wilhelm Inkmann in der ersten Messe nach der Besetzung Messdiener war.«
Georg Böddeker: »Von der Turnhalle am Clemensheim sah ich am Reelser Kreuz die ersten amerikanischen Panzer, die ungehindert die Panzersperre passierten. Am Heim hingen weiße Fahnen.«
Bernhard Heising: »Am 5. April stand ein Ami-Panzer vor unserem Haus und hatte das Rohr genau auf unser Küchenfenster gerichtet. Die Soldaten wollten das Gebäude beschlagnahmen, lagerten letztlich aber nur mit 12 Mann im Wohnzimmer. Ich erinnere mich noch genau, dass sie Stampfkartoffeln gekocht haben, und als die gerade im Topf waren, sollte die Truppe abrücken. Den Topf mit den Match-Potatoes haben sie mitgenommen. Für uns ließen sie Nescafe und Kaugummi da.«
Willi Flore: »Vater war auf Genesungsurlaub. Als wir hörten, dass die Amerikaner schon bei Paderborn standen, haben wir Karfreitag '45 alle Vorräte auf den Tisch gepackt und die ganze Mettwurst aufgegessen. "Bevor sie die Amis essen, essen wir sie selber", sagte Vater". Und das auf Karfreitag. Eigentlich war das ja Sünde!«
Irene Eilebrecht (geb. Rux): »Mein Vater war im Volkssturm und sah keinen Sinn mehr im Krieg. Der Vize-Ortsgruppenleiter hörte davon, stand vor der Haustür und wollte ihn erschießen lassen. Zum Glück geschah das nicht. Am Stellberg sagte Vater jungen Soldaten, das ein Weiterkämpfen sinnlos sei. Die waren aber fanatische Kämpfer und wollten ihn als Verräter erschießen. Nur ein zufällig vorbei kommender Driburg verhinderte das.«
Bernhard Humborg: »Ich war sieben Jahre alt und stand vor unserem Wohnhaus. Ein Amerikaner sagte "Gehen Sie sofort ins Haus". Weil er "Sie" sagte, fühlte ich mich gleich um Zentimeter größer. Später wollten die Amis bei uns mitten auf der Tankstelle Feuer machen, weil sie - besonders die Schwarzen - immer so froren. Wir haben Blut geschwitzt...«
Prof. Hans Walter Wichert: »Die Frauen saßen überall in den Kellern und beteten. Das war eine Art Selbsthypnose. Je stärker es draußen durch Granaten krachte, je stärker wurde gebetet.«
Anton Hake: »Ich habe den ersten Kaffee meines Lebens von den Amerikanern bekommen.«

Artikel vom 08.04.2005