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Selbstständigkeit ist Trumpf in Sundern

Nach Auflösung des Schulkindergartens werden in der Großgemeinde neue Wege beschritten

Von Birte Penshorn (Text und Foto)
Hiddenhausen-Sundern (HK). Wenn ein Kind bis zum 30. Juni eines Jahres sechs wird, ist es schulpflichtig. Doch was machen die Kinder aus der Gemeinde Hiddenhausen, die zwar schulpflichtig, aber aufgrund von Entwicklungsverzögerungen noch nicht schulfähig sind? Bis Juli vergangenen Jahres kamen diese Kinder in den Schulkindergarten der Gemeinde, der der Grundschule Sundern angegliedert war. Seit dem Schuljahr 2004/05 ist diese Einrichtung nun weggefallen.

»Im vergangenen Jahr hatten wir weniger Anmeldungen als bisher, aber nicht nur deshalb wurde der Schulkindergarten aufgelöst«, erzählt Annette Hoberg, Leiterin der Grundschule Sundern. »Spätestens in diesem Jahr wäre er sowieso fortgefallen, da 2005/2006 alle Schulkindergärten aufgelöst werden. Aufgrund der geringen Anmeldungen ist dem nur vorgegriffen worden.«
Grund für diese Änderung ist eine Neuerung im Schulgesetz. Die Kinder, die bisher aus der gesamten Gemeinde kamen, um den Schulkindergarten zu besuchen, bleiben jetzt in den ersten Klassen ihrer jeweiligen Grundschule. Ab dem kommenden Schuljahr gibt es dann die »integrative Schuleingangsphase«. Die Schüler bekommen ein bis drei Jahre Zeit, die Phase zu absolvieren. »Das Konzept sieht vor, dass in Zukunft jahrgangsübergreifend gearbeitet wird, die Klassen also gemischt werden«, erklärt Carola Gralki. Bisher war sie Leiterin des Schulkindergartens. Insgesamt 24 Jahre lang hat sie schulpflichtige, aber noch nicht schulfähige Kinder betreut. Seit der Auflösung arbeitet sie unterstützend mit den Lehrern in den Klassen, bleibt aber für die gesamte Gemeinde Hiddenhausen beratend zuständig. »Im kommenden Schuljahr bin ich je zwei Tage in Sundern und Schweicheln, an einem Beratungstag können die anderen Schulen meine Hilfe in Anspruch nehmen«, erzählt die Sozialpädagogin.
Durch die Auflösung des Schulkindergartens wird versucht, eine sozialpädagogische Betreuung für die Gemeinde aufzubauen. Damit kommen auf die Lehrer auch ganz andere Aufgaben zu. Was ab dem nächsten Schuljahr in ganz NRW Pflicht ist, wird in Sundern bereits praktiziert. Der gesamte Unterricht wird umgestellt. Es wird mit individuellen Förderplänen gearbeitet. Dies bedeutet, dass die Schüler selbstständig in Gruppen arbeiten. »In dieser Zeit kann ich mich dann um die schwächeren Schüler kümmern«, sagt Carola Gralki. Die Sozialpädagogin hat durch ihre jahrelange Arbeit im Schulkindergarten viel Erfahrung mit schwächeren Schülern. Deshalb soll auch ein verstärkter Austausch mit den anderen Grundschulen stattfinden, der in der Gemeinde laut der Sozialpädagogin ohnehin sehr gut läuft. Denn alle Schulen müssen jetzt Schulentwicklung betreiben und sich auf das neue Konzept umstellen, in dem Lehrer und Sozialpädagogen zusammenarbeiten und das selbstständige Lernen stärker gefördert wird. Trotzdem bleibt ein wenig Wehmut. »Viele Eltern waren enttäuscht, als der Schulkindergarten aufgelöst wurde«, erinnert sich Carola Gralki. »Im Schulkindergarten sind die Kinder ganzheitlich betreut worden, jetzt ist es eher eine ÝTröpfchenpädagogikÜ. Außerdem hat die ganzheitliche Betreuung mehr gebracht, ich hatte dort mehr Zeit für die einzelnen Kinder.«
Auf Dauer gesehen, wenn alle Schulen so weit sind, wäre es jedoch eine positive Entwicklung, meint Annette Hoberg. Wichtig sei, dass im ersten Schuljahr jetzt Lehrkräfte seien, die bereit sind, sich auf die neue Situation einzulassen. »Dieses Konzept ist zwar aufwändig, aber es macht zufrieden, die Kinder individueller fördern zu können und somit jedem Kind besser gerecht zu werden«, betont die Schulleiterin.

Artikel vom 08.04.2005